Komm mit mir ins Abenteuerland
Wie Roblox, Epic, Unity, Microsoft & Facebook an der Umsetzung des Metaverse arbeiten
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Es gab so einiges an Themen, über die ich diese Woche hätte schreiben können. Da wäre zum einen die Anhörung von Jack Dorsey und Mark Zuckerberg vor dem US Kongress zur angeblichen Zensur des NY Post Artikels, über den ich vorletzte Woche geschrieben hatte. Oder die Gerüchte dazu, dass Apple angeblich an einer eigenen Suchmaschine als Konkurrenz zu Google arbeitet. Und dann kamen gestern Abend noch die Q3 Earnings Reports von einigen Tech Giganten dazu, die fast alle die Erwartungen der Analysten übertrafen.
Aber anstatt das zu tun möchte ich dich mitnehmen in eine ganz andere Welt: Das Metaverse.
Vor unseren Augen, und doch, ohne dass es vor allem hier in Europa große Beachtung findet, passiert gerade eine Revolution: Die Phantasie von paralleln digitalen Welten wird Realität. Getrieben von einer ganzen Reihe amerikanischer Tech-Firmen, aber immer öfter ausgestattet mit chinesischer Finanzierung. Die großen Player heißen Microsoft, Facebook, Epic Games (Unreal), Unity & Roblox.
Sie alle arbeiten daran, virtuelle Welten zu schaffen, die über all das was wir bisher kennen hinausgehen. Und sie alle besitzen das Potential, das Internet wie wir es heute kennen massiv zu erweitern oder sogar abzulösen.
Und gerade weil hierzulande noch kaum jemand darüber spricht finde ich das Thema so spannend. Es hat mich in seinen Bann gezogen, wie kaum ein anderes Tech Thema der letzten Jahre.
Also los, ab in’s Abenteuerland!
Was ist das Metaverse?
Erstmals aufgetaucht ist der Begriff im 90er Science Fiction Roman “Snow Crash” von Neal Stephenson. Heute beschreibt er die Kombination aus der erweiterterten physischen Realität, einem physisch persistentem virtuellem Raum und dem Internet - und das im Besten Fall über verschiedene virtuelle Realitäten hinweg.
(Danke Wikipedia und Entschuldigung, falls dir hiermit die Lust vergangen ist weiterzulesen.)
Ich wage mich mal an eine Erklärung:
Momentan finden die echte Welt und virtuelle Welten noch ziemlich unabhängig voneinander statt. Natürlich ist unsere Welt immer stärker vom Digitalen geprägt und das Internet ist auf vielerlei Weise Grundlage unseres Handelns geworden: wir kommunizieren, konsumieren, handeln und lieben online.
Und doch bildet das Internet eher eine Ebene innerhalb unserer existierenden Realität, als eine ganz eigene Ebene zu sein.
Viele virtuelle Welten, wie wir sie z.B. aus Online-Spielen kennen, finden weitesgehend ohne wirkliche Interaktion mit der echten Welt statt. Genau diese Grenze verschwimmt aber zunehemend, und es entstehen realistische virtuelle Welten mit großen Schnittmengen zur Realität. Wenn dann noch die verschiedenen virtuellen Welten miteinander kompatibel und interoperabel werden, befinden wir uns mitten drin im Metaverse.
Der Tech Analyst Matthew Ball kennzeichnet das Metaverse so mit den folgenden Eigenschaften:
Persistenz: Das Metaverse hat keine “Pause”
Synchronität: Das Geschehen im Metaverse findet für alle Teilnehmer synchron statt
Parallelität: Alle Teilnehmer können im Metaverse zur gleichen Zeit am gleichen Ort parallel existieren
Funktionierende Wirtschaft: Teilnehmer können Handeln und echte Geschäfte machen
Interoperabilität: Daten und Assets bewegen sich nahtlos über Plattformen und Protokolle hinweg
Let’s begin
Wie immer in diesem Newsletter, nähern wir uns dem Ganzen einfach von vorne. Dieser Post soll eine Art Einstieg bieten, in den kommenden Wochen werde ich dann immer mal wieder eine Ausgabe diesem Thema widmen und die Hauptakteure des Makro-Trends näher beleuchten.
Virtuelle Welten sind nicht neu
Das Konzept von virtuellen Online Welten ist fast so alt, wie das Internet selbst. In den vergangenen zwei Jahrzehnten war unsere Idee von virtuellen Welten vor allem geprägt von Gaming im weitesten Sinne.
Die Kombination aus immer realistischeren 3D Animationen, leistungsstarken und trotzdem bezahlbaren PCs und in der Masse verfügbaren Breitband-Anschlüssen, ermöglichte ab den frühen 2000ern immer mehr Menschen, an Online Rollenspielen wie World of Warcraft teilzunehmen.
Aber während diese Welten noch einen klaren Spiele-Charakter hatten, sind die virtuellen Welten von heute zunehmend viel mehr als das. Minecraft, Roblox, Fortnite & co. bieten ihren Nutzern Räume für Kunst & Kreativität, Kommunikation & Diskussion, Unterhaltung, aber auch für Handel und echtes Unternehmertum.
Hier ein paar Beispiele, die zeigen, was das bedeutet:
In Minecraft haben Nutzer die Stadt King’s Landing aus der beliebten Serie Game of Thrones nachgebaut:
Eine der amerikanischen Top-Universitäten NYU hat die wegen Corona ausgefallene Gradution Zeremonie in Roblox virtuell stattfinden lassen. (Wenn auch wohl mit noch nicht ganz ausgereiftem Konzept):
Travis Scott hat in Fortnite ein Live Konzert gegeben, mit unglaublichen 12 Millionen gleichzeitigen Besuchern. Und die Firma dahinter hat gerade in Los Angeles ein Studio gebaut, um bald wöchentlich solche Konzerte zu organisieren.
Gerade weil wir diese Plattformen oft noch als reine Spiele wahrnehmen, verpassen wir, was vor unseren Augen passiert: Während wir Boomer, Gen-Xer und Millenials einen Großteil unserer digitalen Freizeit in den 2D Welten von Facebook, Instagram und Twitter verbringen, findet eben dies für die nächste Generation in den 3D Welten von Minecraft, Roblox, Fortnite und co. statt. So sind z.B. mehr als 50% (!) der unter- 16 Jährigen in den USA Nutzer von Roblox.
Aber da hört das Ganze nicht auf - denn immer mehr sind davon überzeugt, dass diese Welten a) bald auch für Nutzer jeglicher Altersklassen zur Normalität werden und wir b) nicht nur unsere Freizeit in diesen Welten verbringen werden.
Unter anderem investiert gerade Facebook massiv in diesen Trend. Mit der Übernahme von Oculus haben sie sich bekanntlich schon vor einigen Jahren die Hardware Kompetenz im Bereich Virtual Reality eingekauft. Und spätestens seit der Vorstellung von Facebook Horizon wird klar, wie Facebook die Zukunft seiner Plattform sieht:
Zugegeben - momentan sieht das alles noch sehr bunt und spielerisch aus. Aber es spricht einiges dafür, dass virtuelle Welten schon bald erwachsener werden.
Ich sehe hier einige begünstigende Faktoren, die sich teils sogar gegenseitig verstärken. In unserer hoch-globalisierten Welt ist es für uns vollkommen normal geworden, mit Menschen überall auf der Welt zu kommunizieren. Ob geschäftlich oder privat. Und während es für uns auch schon vor Jahren normal geworden war, dass fast alles per Telefon, Videokonferenz oder auch einfach nur per E-Mail und SMS besprochen und organisiert werden kann, so sind wir für die wirklich wichtigen Termine und Interaktionen dann doch gereist. An der Hochzeit meiner Freunde in den USA habe ich persönlich teilgenommen und ich musste sogar schon einmal für einen einzigen geschäftlichen Termin für einen Tag nach Detroit reisen.
Wie wohl zu genüge berichtet, hat die Corona Pandemie dem allen ein ziemlich abruptes Ende bereitet. Jetzt finden Hochzeiten per Zoom statt und kaum ein geschäftlicher Termin kann so wichtig sein, dass man dafür freiwillig in den Flieger steigt. Es gibt auch ohne Pandemie immer mehr gute Gründe, auf unnötige Reisen zu verzichten - das Klima wird’s uns danken.
Aber es ist fraglich, ob unsere Psyche wirklich dafür gemacht ist, ohne die vielen Details auszukommen, die echte Face-to-Face Kommunikation beinhaltet. Wir kommunizieren eben nicht nur mit Text und Sprache, sondern mit Gestik, Mimik oder auch unterbewusst und ungewollt mit Gerüchen und Lauten.
Virtuelle Welten mit realistischen Avataren, die uns ermöglichen, einen Teil dieser non-verbalen Kommunikation auch digital abzubilden, bieten ein enormes Potential, gewohnte menschliche Interaktion immer authentischer auch im digitalen Raum stattfinden zu lassen.
Wie klappt Networking Remote?
2020 war auf jeden Fall schon das Jahr der “Remote Events” - aber jeder, der schon einmal an einem teilgenommen hat, weiß, dass das alles kein adäquater Ersatz für echte Events ist. Vortrags-Content lässt sich sehr gut remote abbilden und darstellen, auch Panel Diskussionen und co. funktionieren als Stream gut und müssen einem Live Event in Nichts nachstehen. Beim Networking wird es da deutlich schwieriger - Räume für Kommunikation zu schaffen ist noch relativ einfach, und hier gibt es schon einige kreative Ansätze. (Shout-out an meine Freunde und Ex-Kollegen bei PIRATE, die z.B. eine Art Business Chatroulette in’s Leben gerufen haben.)
Doch wenn ich an erfolgreiche Begegnungen auf Konferenzen denke, dann sind es vor allem solche, die in ungezwungener Atmosphäre beim Dinner, oder spontan in der Schlange vorm Einlass entstanden sind. Auch hier bieten neue virtuelle Welten die Möglichkeit, Erlebnisse und Begegnungen authentisch im digitalen Raum abzubilden.
Von der virtuellen Welt zum Metaverse
Mit all diesen Überlegungen kratze ich bisher nur an der Oberfläche dessen, was in den virtuellen Welten der Zukunft möglich sein wird. Denn richtig spannend wird es dann, wenn wir nicht nur Bestehendes rekreieren, sondern völlig neue Formen der Interaktion erdenken. Und zum echten Metaverse wird das Ganze erst dann, wenn ich meine digitale Identität und meine digitalen Assets auch über die Grenzen der jeweiligen virtuellen Welten hinweg nutzen kann. Wir sehen uns zur Konferenz After Party beim Konzert in Fortnite!
Das genau ist tatsächlich Vision des Gründers von Epic Games, Tim Sweeney. Deren Spiel Fortnite ist zwar sehr bekannt, aber doch nur ein kleines Puzzle Teil in ihrer Gesamtstrategie. Denn die wahre Magie, auch von Fortnite, steckt in Unreal Engine, der Game Engine, die sie seit 1998 anbieten. Der Kniff dabei: die Engine selbst kostet erst mal nichts. Erst, wenn Spiele, die mit Unreal entwickelt wurden, selbst Geld machen, berechnet Epic eine Provision von 5% des Umsatzes.
Beliebte Spiele wie Gears of War, oder das neue Remake von Tony Hawk’s Pro Skater wurden z.B. mit der Unreal Engine entwickelt. Daneben kommt sie aber zunehmend auch außerhalb der Spieleentwicklung, zum Beispiel in Architektur und im Film zum Einsatz.
Eins der berühmtesten Beispiele - durch Einsatz der Unreal Engine konnte beim Filmen von Mandalorian, der erfolgreichen Star Wars Spin-Off Serie, fast vollständig auf den Einsatz von Green-Screens verzichtet werden. Stattdessen agierten die Schauspieler vor einer massiven LED Wand, auf der Szenen mit Hilfe der Unreal Engine gerendered wurden. Diese übernimmt auch die perfekte Berechnung der nötigen Beleuchtung, sodass die Schauspieler einerseits in einer realistischen Atmosphäre spielen können, und andererseits die Post Production deutlich einfacher wird.
Ganz unterschiedliche Spiele, aber auch Architekturmodelle und sogar Filme, basieren somit zunehmend auf der selben Grundlage und werden in Theorie miteinander interoperabel. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum echten Metaverse.
Quo Vadis
Auch wenn einiges hier noch immer ziemlich nach Science Fiction klingt, so werden realistische virtuelle Welten gerade immer mehr zur Realität. Sicher, bis zur Adoption in der Masse der Bevölkerung ist es noch ein weiter Weg, aber wie gezeigt, wirkt hier nicht zuletzt auch die aktuelle Pandemie als Beschleuniger.
Ob früher oder später - das Metaverse wird kommen. Lasst es uns mitgestalten!
Ich hoffe dir hat dieser erste Ausflug in’s Abenteuerland gefallen. In den kommenden Wochen werden wir immer mal wieder hierhin abbiegen und die großen Firmen, die diesen Trend vorantreiben, näher beleuchten. Wenn du noch kein Subscriber bist, kannst du dies hier nachholen:
Danke für’s Lesen!
Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
In eigener Sache
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