KW 41: Kommt die große Tech Zerschlagung?
Was der Report des US Kongress für Google, Amazon, Facebook & Apple bedeutet.
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Es ist mittlerweile zum Running Gag geworden, wann die nächste App Stories einbindet. Mir graut es ehrlicherweise schon vor “LinkedIn Stories”, die gerade in einigen Testmärkten ausgerollt werden.
Jetzt gesellen sich noch Slack und Google dazu…
Snapchat war in gewisser Weise Erfinder dieses Features. Als Instagram das Ganze dann 2016 fast 1-zu-1 kopierte, prophezeiten viele schon das Ende von Snap, doch die Firma um Gründer Evan Spiegel schaffte es auf beeindruckende Weise, sich zu behaupten und weiter zu wachsen.
Ob sie allerdings auch langfristig die Chance hat, gegen Facebook & co. zu bestehen, hängt auch davon ab, wie stark diese Plattformen in Zukunft reguliert werden.
Mit dieser zentralen Frage beschäftigte sich in den letzten Monaten auch intensiv der US Kongress…
Ist Big Tech offiziell Too Big?
Anfang der Woche veröffentlichte ein Ausschuss des US Kongress unter Leitung der Demokraten einen fast 450 Seiten umfassenden Bericht zur Marktmacht von Big Tech, im spezifischen Google, Amazon, Facebook und Apple.
Die zentrale Aussage: In ihrem jeweiligen Kerngeschäft, besitzen diese Firmen monopolartige Macht.
To put it simply, companies that once were scrappy, underdog startups that challenged the status quo have become the kinds of monopolies we last saw in the era of oil barons and railroad tycoons.
Der begleitende Vorwurf dahinter lautet, dass durch diese Monopolstellung eine Vielzahl an negativen Effekten ausgelöst werden:
As demonstrated during a series of hearings held by the Subcommittee and as detailed in this Report, the online platforms’ dominance carries significant costs. It has diminished consumer choice, eroded innovation and entrepreneurship in the U.S. economy, weakened the vibrancy of the free and diverse press, and undermined Americans’ privacy.
Was wird vorgeschlagen?
Auf Basis dieser Aussagen schlagen die Autoren des Berichts eine Reihe an möglichen Maßnahmen vor, die dabei helfen sollen, die Marktmacht der Firmen in Zukunft besser zu kontrollieren. Zentral sind dabei vor allem folgende Ansätze:
Eine mögliche Aufteilung der Firmen in getrennte Einheiten: Das könnte z.B. dazu führen, dass Youtube aus Google, Whatsapp und Instagram aus Facebook oder AWS aus Amazon herausgelöst werden müssten.
“Beweislastumkehr” bei großen Mergern - zukünfitg müssten bei Mergern von dominanten Tech-Playern die Firmen dem Staat beweisen, dass es in Folge nicht zu einer monopolartigen Konzentrierung kommt, und nicht anders herum.
Bei Firmen, die sowohl eine Plattform anbieten, und auch selbst als Anbieter auf dieser tätig sind - wie z.B. Amazon im Marketplace oder Apple im App Store, soll stärker darauf geachtet werden, dass diese nach den selbst gesetzten Regeln spielen und sich selbst keinen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Was bedeutet das Ganze?
Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass es sich bei dem Dokument erst mal nur um einen Ausschussbericht handelt und noch nicht um beschlossene Maßnahmen.
Zudem herrscht bei den zuständigen Politikern keine vollständige Einigkeit.
Der jetzige Bericht wurde in seiner finalen Form von den Demokraten veröffentlicht.
Ken Buck, der Republikanische Abgeordnete der an dem Bericht beteiligt war, plant, noch eine eigene Version des Berichts zu veröffentlichen.
Er unterstützt zwar die Kernaussagen, vor allem aber die Vorschläge zur möglichen Zerschlagung der Firmen in einzelne Einheiten gehen ihm und seinen Kollegen zu weit.
Bis also die Vorschläge in Gesetze Einzug halten könnten, bräuchte es klareren “bipartisan” Support des Ganzen, denn momentan haben die Demokraten bekanntlich nur die Mehrheit im House of Representatives, also einer der beiden Kammern des Kongresses.
Entschuldigung an dieser Stelle für die etwas “clickbaity” Headline dieses Posts, denn eine Zerschlagung der Firmen ist zwar auf die kommenden Jahre nicht unbedingt unrealistisch, steht zumindest aber nicht unmittelbar bevor. Dennoch könnten die Maßnahmen den Plattformen erheblich wehtun.
Was kann man von dem Report halten?
Was klar sein sollte - ich bin kein Wettbewerbsrechtsanwalt. Daher kann ich nur meine persönliche Laien-Sicht auf die Dinge darstellen - solltest du meinen folgenden Aussagen widersprechen, freue ich mich auf Feedback und Kritik.
Zunächst stellt sich die Frage:
Stimmt man der Aussage zu, dass Google, Amazon, Facebook und Apple Quasi-Monopolisten in ihrem Kerngeschäft sind? Die Firmen selbst sehen das natürlich nicht so.
Und tatsächlich, fängt es schon hier an schwierig zu werden:
Alexa, definiere Kernmarkt.
Beispiel Amazon - diese haben laut dem Bericht wohl mehr als 50 % Marktanteil am amerikanischen Online-Handel. Amazon selbst betont aber immer wieder, dass das ja gar nicht wichtig sei - online sei ja nur der Kanal, über den man verkauft - die Konkurrenz findet aber genauso mit den Offline Händlern statt.
Auf den gesamten amerikanischen Handel bezogen hat Amazon dann nur noch einen Marktanteil von ca. 5%. Das klingt schon deutlich weniger nach Monopol.
Ähnlich sieht es bei Google aus - am Online Suchmarkt haben sie knapp 90 % Marktanteil - das Produkt mit dem sie Geld verdienen ist vor allem Werbung.
Misst man Google’s Marktstellung nun anhand des Marktanteils in der Online Suche, oder des am Online- oder sogar am gesamten Werbe-Markt?
Bewertung der Auswirkungen
Weiter muss man bewerten, ob man den Aussagen zu den Konsequenzen der Monopolstellung zustimmt. Das Ziel aktiver Wettbewerbspolitik ist es, für alle Firmen und vor allem für alle Endverbraucher ein funktionierendes und faires Wirtschaftssystem zu gewährleisten.
Die Verfasser des Berichts argumentieren ja, dass die Firmen Innovation und Wettbewerb verhindern und die Position des Kunden schwächen. Mir kommen bei der Bewertung vor allem zwei Aspekte zu kurz:
GAFA als Treiber für neue Basis Technologien - Viele der Tools, Programmiersprachen und Standards, oft auch Open Source sind als Projekte innerhalb der Google, Facebook und co. entstanden und deren Entwicklung wird von diesen nach wie vor finanziert.
Beispiele sind u.a. die Frameworks React und Angular, die maßgeblich von Facebook und Google erdacht wurden, oder auch Open Source Tools wie Chromium (die Basis für viele Webbrowser, nicht nur Chrome).
Man kann nur mutmaßen, aber es ist gut möglich, dass erst die Existenz dieser Technologien, viele Startups überhaupt hat entstehen lassen. Damit will ich nicht pauschal sagen, dass nicht stimmt, dass die Firmen mit ihrer Marktstellung auch Wettbewerb und somit Innovation verhindern, ich glaube nur, dass die Aussage nicht so eindeutig getroffen werden kann.
Die Stärkung des Kunden durch GAFA - Wie erwähnt, zielt eine aktive Wettbewerbspolitik sehr stark auf den Schutz des Endkunden ab. In Teilen habe ich allerdings das Gefühl, dass gerade die die genannten Firmen meine eigene Position als Kunde stärken. Auch wenn es sehr anekdotisch ist - ich habe in den vergangenen Jahren viele negative Erfahrungen mit Kundenservice gehabt - zwei Firmen bilden dan einen starken Kontrast: Amazon & Apple. Ich habe viele Freunde, die mittlerweile versuchen, vor allem teurere elektronische Geräte nur noch bei diesen beiden zu kaufen - aus dem einfachen Grund, dass man sich sicher sein kann, bei Problemen guten Service zu erhalten.
In der klassischen Markttheorie geht man davon aus, dass eine Firma ihre Machtstellung irgendwann dazu ausnutzt, den Kunden schlechter zu stellen, da er ja keine Wahl mehr hat zu einem anderen Anbieter zu gehen. Genau das versucht aktive Wettbewerbspolitik zu verhindern.
Wie geht man dann aber damit um, wenn die Marktmacht auch zur Stärkung des Kunden genutzt wird?
Es gibt aus meiner Sicht noch eine ganze Reihe weiterer Argumente, die Kritik an GAFA durchaus auch selbst kritisch zu sehen, unter anderem sollte man die internationale Konkurrenz nicht außer Acht lassen.
Der Markt ≠ USA
Wie unlängst an der Causa TikTok zu sehen, drängen zunehmend chinesische Internet-Giganten auch auf den weltweiten Markt. Mit zu starker Regulierung der eigenen Tech-Firmen läuft man Gefahr, deren Position im internationalen Wettbewerb zu schwächen. Ob man sich damit einen Gefallen tut, ist wohl eher kritisch zu sehen…
Und selbst, wenn man bei allen genannten Aspekten mit dem Bericht übereinstimmt, muss man sich fragen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen denn wirklich die erhoffte Wirkung zeigen würden. Auch hier wurden schon Stimmen laut, dass das ganze ggf. kontraproduktiv sein könnte. Denn: Alle die Regeln könnten es der zweiten und dritten Riege der Tech Plattformen, u.a. Snap, Twitter, Netflix, Spotify & co. zunehmend erschweren den schon bestehenden Giganten Konkurrenz zu machen:
Die Wettbewerbsregelen zu Mergern & co. träfen sie genauso.
Fazit
Dass Google, Facebook, Amazon und Apple sehr mächtig sind, ist nicht zu bestreiten. Dass es Aufgabe der Politik ist, diese Macht im Blick zu behalten, ist aus meiner Sicht auch richtig.
Ob man dabei allerdings zu den selben Schlüssen gelangt, wie der Bericht der Demokraten im US Kongress, muss man für sich selbst bewerten. Mein persönliches Fazit ist, dass vieles darin zu schwarz/weiß gedacht ist, und im Ergebnis wahrscheinlich nicht das gewünschte Ziel herbeiführen würde, sondern im schlimmsten Falle sogar kontraproduktiv sein könnte: Innovation würde eher verhindert als gestärkt, und der Kunde bekäme eher Nachteile zu spüren.
Auch hier will ich aber noch mal betonen - hierüber lässt sich streiten, und ich freue mich, auch eine kritischere Position zu dem Thema zu hören - antworte einfach auf diese Mail oder kommentiere, um deine Meinung zu teilen.
Was sonst noch geschah..
Facebook hat mehr als 1.500 Seiten, Gruppen und Profile, die im Zusammenhang mit der Verschwörungstheorie “QAnon” stehen, gelöscht. Wer besser verstehen möchte, worum es bei QAnon überhaupt geht und wie das Ganze entstanden ist, dem kann ich diese Folge des Podcasts Reply All sehr empfehlen:
Das Fintech Affirm hat seinen geplanten Börsengang angekündigt. Der Gründer ist kein Unbekannter: Max Levchin, der Mitgründer von PayPal. Nach Opendoor und Palantir ist es damit die dritte Firma eines “Original PayPal Mafia” Mitglieds innerhalb weniger Wochen, die an die Börse geht.
Square - die Firma, die Twitter CEO Jack Dorsey “im Nebenjob” auch als CEO führt, hat Bitcoin im Wert von $50M gekauft und ist damit in kurzer Zeit die zweite börsennotierte US Firma, die sich mit einem großen Investment öffentlich zum Potential der Kryptowährung bekennt. Anfang letzten Monats hatte MicroStrategy sein Bitcoin Portfolio um fast 17.000 Bitcoin aufgestockt.
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Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
Image Credits:
Slack Stories - Slack Inc.
Hammer - Collage / Moritz Mentges on Unsplash