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Bei Christie’s wird gerade ein Bild verkauft. Gerade (Donnerstag, 25.02. 2021 um 21:40) steht der Preis bei $1,8 Millionen.
Das Besondere: Es ist ein digitales Kunstwerk, basierend auf einem NFT.
NFT - Bestimmt ist der Begriff auch schon durch deine Timeline gegeistert. Falls nicht, hast du vielleicht am Rande mitbekommen, dass Sammelkarten gerade wieder in sind, aber eben nicht auf Papier. Oder vielleicht hast du mitbekommen, dass das Originalvideo der berühmten Nyan Cat für knapp $600.000 verkauft wurde.
Es ist verlockend jetzt einfach den Kopf zu schütteln, und das alles als Spinnerei und Hype abzutun. Doch ich verspreche dir: Hinter all dem steckt mehr. Viel mehr. Und vor allem mehr Substanz als bunte Gifs von fliegenden Katzen vermuten lassen.
Denn was gerade in diesem Bereich entsteht, hat das Potential, das Fundament des Internets, und sogar das Fundament unserer kapitalistischen Systeme auf den Kopf zu stellen.
Klingt verrückt? Ist es auch.
Ich lade dich heute ein, mal wieder mit mir in ein Rabbit Hole abzutauchen. Ich garantiere dir, das Thema wird dir in den kommenden Jahren immer wieder über den Weg laufen. Es lohnt sich also, den Anschluss nicht zu verpassen. Nach dem heutigen Newsletter solltest du einen guten ersten Überblick haben, was NFTs sind, wie sie funktionieren, was sie können und welche Rolle sie in der Zukunft spielen könnten.
Also los!
NFT - Non-Fungible-Token
Starten wir mit einem kurzen Gedankenexperiment: Stell dir vor, ich wäre gerade in eine neue Wohnung gezogen. Du bist Kunstsammler, und weil meine Wände noch so weiß sind, biete ich dir an, eins der Gemälde für 10.000€ abzukaufen. Du stimmst zu, also gebe ich dir 10.000€, und du gibst mir das Gemälde. Wenn du auf dein Konto schaust und das Geld siehst und ich auf meine Wand schaue und dort das Gemälde sehe, können wir unseren neuen Besitz eindeutig sehen und bezeugen.
Jetzt stell dir vor, ich hätte von dir kein echtes Gemälde gekauft, sondern ein digitales Bild. Wenn du auf dein Konto schaust und meine 10.000 € siehst, dann siehst du eindeutig deinen neuen Besitz. Doch wie kann ich sicher sein, dass du mir auch wirklich das echte Bild geschickt hast und nicht einfach eine Kopie und du das eigentliche digitale Bild noch immer hast? Das ist (eigentlich) nicht möglich.
Doch NFTs - Non-Fungible-Token machen genau so etwas jetzt möglich und ermöglichen so einen ganz neuen Markt für digitale Güter jeder Form. Das kann Kunst sein, Sammelkarten, aber auch Videos, Artikel, Podcasts, Ebooks, Software Lizenzen, Quellcode, …
Fangen wir von vorne an:
NFT steht für Non-Fungible-Token.
Was ist eigentlich ein Token?
Token - a thing serving as a visible or tangible representation of a fact, quality, feeling, etc.
Danke Google, aber was bedeutet das? Einfach gesagt ist ein Token nichts anderes als eine Wertmarke. Ein Objekt, das einen gewissen Gegenwert darstellt gegen den ich es eintauschen kann.
Was ist der Unterschied zwischen fungible und non-fungible?
Fungible heißt so viel wie austauschbar. Stell dir vor du hast 20 € und ich hab 20 € ich gebe dir meine, du gibst mir deine. Wir sind jetzt beide genau gleich gestellt wie vorher. Unser Geld ist also austauschbar.
Das bedeuetet dann auch, dass unser Geld in sinnvolle Bruchstücke teilbar ist. Statt einen 20 € Schein kann ich dir auch zwei 10 € Scheine geben. Der Wert bleibt der gleiche.
Dass etwas wirklich austauschbar ist, ist in der realen Welt eher die Ausnahme. Die meisten Dinge sind es nicht.
Ein begnadeter Künstler würde es hinbekommen, die Mona Lisa ziemlich perfekt nachzumalen. Und selbst wenn ihm das bis auf den letzten Pinselstrich gelingen würde, das Louvre würde sich wohl kaum drauf einlassen, sein Bild gegen das Original einzutauschen. Außerdem kann man das Gemälde nicht einfach teilen, so dass jede Hälfte auch genau die Hälfte wert wäre.
In der digitalen Welt ist hingegen ist Austauschbarkeit eher die Regel als die Ausnahme. Wenn ich eine digitale Kopie von einer Datei erstelle, ist sie nicht nur fast gleich, sondern gleich. Und selbst die meisten Kryptowährungen sind austauschbar. Jede Bitcoin hat grundsätzlich den gleichen Wert - keine ist besonderer als eine andere.
Ein Non-Fungible-Token ist also einfach gesagt ein nicht-austauschbarer digitaler Wert. Wenn ich einen bestimmten NFT habe, dann gibt es keine Möglichkeit diesen zu kopieren und zu teilen. Diese Eigenschaft, die wir in der realen Welt als vollkommen normal ansehen, aber im Digitalen nie möglich war, bedeutet wirklich so etwas wie eine Revolution.
Wie das funktioniert und wozu das gut ist, schauen wir uns jetzt an.
Wie funktionieren NFTs
Wie wir gerade eben gelernt haben, ist ein NFT ganz einfach gesagt eine nicht-austauschbare digitale Datei. Wie kann das funktionieren? Dafür müssen wir kurz ein bisschen zurückgehen und ganz grob verstehen, wie eine Blockchain funktioniert. Darauf basieren NFTs nämlich.
Ein Kurzer Exkurs zu Blockchains
Blockchains bieten die Möglichkeit, dass eine Gruppe von Personen gemeinsam den Überblick darüber behält, wer wie viel von etwas besitzt, ohne dass dazu eine zentrale Instanz benötigt wird. Blockchains dezentralisieren das Vertrauensproblem.
Wir alle vertrauen z.B. Banken, dass sie genau und aktuell festhalten, wer von uns wie viel Geld hat.
Doch zentrale Instanzen sind immer anfällig - für Fehler, Hacks, Diebstähle, Betrug und so weiter.
In einer Blockchain gibt es keine zentrale Instanz. Alle Teilnehmer verwalten gemeinsam den Nachweis darüber, wer was und wie viel besitzt. Bitcoin basiert z.B. auf so einer Blockchain. Jeder Teilnehmer kann jederzeit die gesamte Blockchain nachvollziehen. Wenn ich 2 Bitcoin von meiner Adresse an eine andere Adresse in der Bitcoin Blockchain sende, hebe ich die Hand und melde meine Transaktion.
Und die Information, dass ich jetzt zwei Bitcoin weniger und eine andere Adresse zwei Bitcoin mehr hat, liegt eben nicht auf einem zentralen Server (wie das z.B. bei einem Bankkonto der Fall wäre), sondern jeder andere Teilnehmer hat diese Information in seiner Kopie der Blockchain.
Doch wie gelangt diese Information zu allen anderen, und wie wird sichergestellt, dass die Transaktion richtig war und ich überhaupt zwei Bitcoin hatte?
Etwas vereinfacht klappt das so: Jeder Teilnehmer der Blockchain hat die Möglichkeit, meine Transaktion in den nächsten Block zu schreiben, aber um das zu tun, muss er dem Netzwerk gegenüber ein gewisses finanzielles Risiko eingehen, mit dem er bezeugt, dass meine Transaktion auch richtig ist. Dieses Risiko wird entweder in Form von Arbeit (Rechenleistung = Energie = Geld) (Proof-of-Work) oder in Form einer hinterlegten Sicherheit (Proof-of-Stake) abgebildet.
Wenn ein Teilnehmer sich also qualifiziert meine Transaktion in die kollektive Blockchain zu schreiben, verifiziert er somit, dass alles stimmt, und die Sicherheit hinterlegt ist. Dann gibt er die neue Aufzeichnung an andere Teilnehmer weiter, damit diese die Transaktion überprüfen.
Wenn alles richtig ist, bekommt der Teilnehmer eine Belohnung für seine Arbeit oder sein Risiko ausgezahlt und meine Transaktion landet in der Blockchain. Wenn etwas nicht stimmt, wird meine Transaktion nicht aufgenommen (und somit nicht ausgeführt) und der Teilnehmer, der sie fälschlicherweise verifiziert hat bekommt keine Belohnung und verliert die hinterlegte Sicherheit.
Wenn du dich noch nie mit Blockchains und co. beschäftigt hast, ist das jetzt alles vielleicht ein wenig kompliziert. Keine Sorge, es hat bei mir auch am Anfang etwas gedauert, bis ich alles verstanden habe. Es gibt dazu etliche gute Artikel und Videos, ein paar verlinke ich am Ende dieses Posts.
Von Blockchain zurück zu NFTs
Für jetzt ist vor allem folgendes wichtig zu verstehen: In einer Blockchain haben alle Teilnehmer einen gemeinsamen Blick darauf, wem was gehört. Ich kann nicht einfach behaupten, etwas zu besitzen. Und ich kann mich auch nicht in einen zentralen Server hacken und ein paar Zahlen ändern.
Die Aufzeichnung, wer von uns wie viel besitzt ist kollektives Wissen.
Und auch NFTs liegen nicht auf zentralen Servern oder auf meinem Computer, sondern auf der Blockchain. Nur liegt hier in diesem Fall nicht die Information, wer wie viel besitzt, sondern wer welchen NFT besitzt. Jeder NFT ist einzigartig und nicht-austauschbar.
Wie kann ein NFT jetzt z.B. ein digitales Bild sein? Streng genommen sind der NFT und das eigentliche Bild noch mal zwei verschiedene Dinge.
Denn, dass ich ein Bild per Copy & Paste auf meinem Computer duplizieren kann, ändert sich auch mit NFTs nicht. Der NFT ist aber der digitale Nachweis über meinen Besitz des Bilds. Und wie eben erklärt, liegt der in der Blockchain. Ich kann also nicht einfach hingehen und den Nachweis kopieren. Diesen gibt es nur einmal.
In der echten Welt kann ich ja, wie erwähnt, auch die Mona Lisa (fast) 1:1 nachmalen und einrahmen lassen. Weil wir aber Gutachtern, Museen und co. vertrauen, gibt es nur den Nachweis dafür, dass ein Original existiert.
Bei NFTs übernimmt die Blockchain das Management unseres kollektiven Vertrauens.
Ich könnte jetzt noch ein wenig tiefer eintauchen in die Mechanik, die hinter NFTs steckt, aber das würde mal wieder den Rahmen dieses Newsletters sprengen. Wer dennoch weiter einsteigen möchte, kann das entlang dieser Begriffe tun: Ethereum, ERC-20, ERC-721.
Nachdem wir jetzt also ein wenig Hintergrund dazu haben, wie NFTs grob funktionieren, lasst uns jetzt schauen, wofür sie gut sind.
NFTs - but why?
Wie jeder BWL Erstsemestler weiß, basiert jeder Wert in unseren kapitalistischen Marktwirtschaften auf dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage.
Damit etwas als wertvoll wahrgenommen wird, muss das Angebot geringer sein als die theoretische Nachfrage.
Wie hoch das Angebot einer Sache ist, ist abhängig davon, wie selten etwas ist und wie einfach es hergestellt/gefunden/abgebaut oder auch kopiert werden kann.
In der echten Welt ist all das natürlich beschränkt. Es gibt beschränkt viel Gold, beschränkt viele begnadete Künstler und beschränkt viele Ressourcen und Zeit Dinge einfach zu kopieren.
Nachfrage entsteht immer dann, wenn wir daran glauben, dass etwas einen Wert hat. Das kann sehr praktisch und nachvollziehbar sein: Wenn ich hungrig bin, ist ein Brot für mich wertvoll. Es kann aber auch sehr theoretisch sein, wie z.B. der Wert eines Gemäldes.
Der Wert ist also oft auch einfach bestimmt durch den kollektiven Glauben an den Wert einer Sache, nicht durch einen praktischen Nutzen.
Im Digitalen verhält es sich mit beidem etwas schwieriger. Denn: Für die allermeisten digitalen Einheiten existieren keine natürlichen Beschränkungen, wie oft es sie geben kann. Und außerdem ist der Aufwand, etwas zu kopieren, meistens sehr gering.
Außerdem ist es deutlich schwieriger, kollektiven Glauben um den Wert einer Sache aufzubauen. Dieser wird nämlich bestimmt von Geschichten, die wir uns erzählen, die wir aber auch alle nachvollziehen können müssen.
Ein Gemälde ist unter anderem wegen seiner Provenienz (🤓) wertvoll - weil die Geschichte, wie alt es ist, wann, wo und von wem es gemalt und besessen wurde uns emotional beeinflusst.
Das ist bei einem digitalen Bild kaum möglich, auch einfach, weil es keinen Nachweis darüber gibt, welche der möglichen Kopien das Original ist.
Und genau da kommen jetzt NFTs ins Spiel. Denn mit Hilfe dieser ist es möglich, digitalen Gütern genau diese Attribute hinzuzufügen:
Seltenheit, Unkopierbarkeit, Nachverfolgbarkeit
Und: Die Abbildung mittels NFT ist sogar besser als in der echten Welt, denn zwei Dinge gelten bei der Blockchain auf jeden Fall, die in der realen Welt nur bedingt funktionieren: Unkopierbarkeit & Nachverfolgbarkeit. Ein Eintrag auf der Blockchain lässt sich technisch nicht kopieren und ist gleichzeitig für alle Teilnehmer transparent einsehbar.
Und genau deswegen werden NFTs sogar dazu genutzt, um den Besitz von realen Gütern digital zu beurkunden. Nike hat z.B. schon 2019 ein Patent für “CryptoKicks” beantragt. Beim Kauf dieser Schuhe soll man neben dem Produkt auch einen NFT erhalten. Da das dann öffentliches Wissen ist, wird der Wert des Schuhs immer nur dann akzeptiert werden, wenn jemand auch den zugehörigen NFT hält.
Tatsächlich ist der Schuhmarkt ein gutes Beispiel für einen Anwendungsfall. Sneaker erzielen seit Jahren Rekordpreise, umso normaler wird es, dass immer wieder Plagiate auf den Markt kommen. Doch da die Fälscher mittlerweile extrem versiert sind, lassen sich die Kopien meist nicht mehr von den Originalen unterscheiden. Jeglicher Versuch, Echtheitszertifikate auf Papier zu drucken ist meistens vergeblich. Wenn ich aber immer, wenn ich einen Schuh verkaufen will, auch den zugehörigen NFT nachweisen muss, ist der Handel mit Fälschungen nahezu unmöglich.
Ob digitale Kunst, digitale Sammelkarten - hier ist übrigens die NBA mit dem Portal Top Shot gerade ganz vorne dabei - oder sogar die kryptografische Beurkundung von echten Gegenständen - es gibt unendlich viele Anwendungsfälle.
Das zeigt, dass das Thema gerade zwar auf jeden Fall Hype-getrieben ist, dieser Hype aber absolut berechtigt ist.
NFTs sind übrigens nichts wirklich Neues. Erstmals in Erscheinung getreten sind sie ca. 2017. Und falls du schon mal von Cryptokitties gehört hast - diese gelten für viele als der erste Beweis, dass NFTs grundsätzlich funktionieren. Das mag albern wirken, aber da denke ich dann immer gerne an dieses Zitat von Chris Dixon - Partner bei Andreesen Horowitz:
The next big thing will start out looking like a toy.
Ich hoffe ich konnte dir im heutigen Newsletter einen ersten Einblick ins Thema geben. Falls du jetzt hungrig auf mehr bist, habe ich am Ende noch ein paar weiterführende Links, mit denen du noch tiefer ins Rabbit Hole eintauchen kannst.
Es gibt übrigens noch eine sehr interessante Schnittmenge des Themas mit zwei anderen Themen, die ich in diesem Newsletter schon öfter beleuchtet habe: Creator Economy & Metaverse. Denn die eben beschriebenen Eigenschaften bieten ganz neue Möglichkeiten, um neue Geschäftsmodelle für Content Creator zu ermöglichen und gleichzeitig schließen sie die Lücke was das Thema “Besitz” in virtuellen Welten angeht.
Dazu werde ich dann in kommenden Ausgaben mehr berichten. Wenn du schon Subscriber bist, landen diese wie gewohnt jeden Freitag Morgen in deiner Inbox.
Du bist noch kein Subscriber oder sogar zum ersten Mal auf meinem Newsletter gelandet? Dann wird’s jetzt aber höchste Zeit! Jede Woche versorg ich dich mit dem neusten aus der Tech Szene. High signal, low noise - und immer unterhaltsam! Und das beste: kostet noch nicht mal was!
Danke für’s Lesen!
Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
Further Reading & Links
The Non-Fungible Token Bible: Everything you need to know about NFTs - by Devin Finzer (OpenSea.io Blog)
The Value Chain of the Open Metaverse - Not Boring by Packy McCormick
Rarible - Community owned NFT marketplace