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Zunächst mal vielen Dank für das viele positive Feedback zu meinem Post aus der letzten Woche und willkommen an 71 neue Subscriber, die seither dazugestoßen sind!
Heute liefere ich einen Ausflug in ferne Welten - genauer: In’s Weltall. Die Besiedelung fremder Planeten ist nicht mehr nur der Stoff von Science Fiction Romanen. Längst ist ein neues Space Race entbrannt - in nie dagewesener Form nehmen daran nicht nur Staaten, sondern vor allem auch kommerzielle Player teil. Nur wenige Business & Tech Themen lösen bei mir Gänsehaut aus. Raketen abheben zu sehen, ist ein solches. Wenn das bei Dir noch nicht so ist, hoffe ich das mit dem heutigen Newsletter zu ändern.
Kommentar zu Robinhood
Aber lasst uns noch kurz auf der Erde bleiben - wie erwartet ist die Story um Gamestop & Robinhood noch lange nicht vorbei. In den letzten Tagen ist der $GME Kurs kräftig abgesackt. Irgendwie war das ja zu erwarten. Dabei werden wohl leider auch viele Kleinanleger ihr Geld verlieren. Am Ende könnte es mal wieder bedeuten, dass vor allem einige wenige Hedge Funds als Sieger vom Platz gehen.
Das ganze Debakel hat aber zumindest eine wichtige Debatte ausgelöst und mal wieder einige Schwachstellen unseres Finanzsystems offengelegt. Dass das nicht unbedingt dazu führt, dass sich fundamental etwas ändert hat uns die Post-2008 Zeit leider gezeigt. Und dennoch bin ich hoffnungsvoll, dass solche Ereignisse mittel- und langfristig dazu führen, ein stabileres und faireres System zu erzeugen. (vielleicht bin ich aber auch einfach nur ein hoffnungsloser Optimist.)
Die wahre Tragödie bei dem Thema sehe ich darin, wie eine junge Generation von Hobby-Tradern mittles Apps wie Robinhood dazu verführt wird, ohne Hintergrundwissen, hochriskante Trades auszuführen. Das ist nichts anderes als in einer der vielen Schrott-Casino Apps mit Echtgeld Roulette zu spielen.
In einem Bull Markt mag das Ganze ja noch Spaß machen, aber wehe der Markt dreht. Dass das System Robinhood schon letztes Jahr zu mindestens einem Suizid geführt hat, wird dabei billigend in Kauf genommen.
Vielleicht sollte eine Trading App, bei der man über Hebel schnell nicht nur alles, sondern ein Vielfaches seiner eingesetzten Mittel verlieren kann, dann doch ein wenig mehr Hürden besitzen. Und eine etwas komplexere Steuerung als Flappy Bird wäre wohl auch angebracht:
Ausführlich hat darüber einer meiner Lieblings Newsletter Autoren, Packy McCormick geschrieben:
Robinhood isn’t evil, either, it just made a risky bet with tremendous upside potential, kind of like the bets that many Robinhood traders make every day. Robinhood bet that it could introduce tremendous amounts of risk into the financial system, push all of it onto its users and the market at large, and insulate itself from the consequences.
Robinhood hat sich damit gebrüstet, Zugang zum Aktien- und Finanzmarkt zu demokratisieren, und für alle spielend leicht zu machen. Das haben sie auch geschafft. Nur als es letzte Woche brenzlich wurde, konnten sie das Versprechen auf einmal nicht mehr halten. Denn um den Nutzern weiter Zugang zu Gamestop & co. anbieten zu können, hätten sie bei ihrem Clearing House knapp $3 Milliarden hinterlegen müssen. Es handelt sich dabei einfach gesagt um Sicherheiten, die Robinhood bei seinen Dienstleistern dafür hinterlegen muss, dass diese die Aktien verfügbar machen.
Vlad Tenev, der Gründer von Robinhood, hat das auf Nachfrage von Elon Musk am Montag in einem Clubhouse Chat erklärt.
Er betonte, dass ihm die Hände gebunden waren.
Das will ich nicht so einfach akzeptieren. Robinhood (und alle weiteren Trading Apps, die den Handel aussetzen mussten) wussten nicht erst kurz vorher, dass es zu einer solchen Situation kommen könnte. Selbst wenn man hier keine Verschwörung durch die Hedge Funds wittert, muss man den Umgang mit der Situation als grob fahrlässig ansehen. Ich kann nur hoffen, dass es Konsequenzen geben wird.
Einfacher und schneller Zugang zu Finanzinstrumenten für alle ist wichtig und richtig. Nur eben nicht, wenn man das dabei entstehende Risiko ohne Offenlegung vollständig auf den Kunden überträgt.
Auf zu neuen Welten
Im Trubel des Alltags und der Banalität unseres derzeit immer noch pandemie-geprägten irdischen Lebens kann man schnell vergessen, in welch aufregenden Zeiten wir leben. Denn noch nie in der Geschichte war die Vision, zu einer multiplanetaren Spezies zu werden, nicht nur Fantasterei in Science Fiction Büchern, sondern eine realistische Option.
Ich wollte schon länger etwas über den Status Quo des Space Tech Markts schreiben. Diese Woche gab’s dann wieder eine Story, die mich getriggered hat:
”Rückschlag für Mars-Pläne: SpaceX-Rakete explodiert beim Test.”
Schon vor ein paar Wochen hatte ich kurz über einen missglückten SpaceX Test berichtet.
Warum das aber gar nicht so schlimm ist, wie manche Headlines vermuten lassen, und sogar durchaus erwartbar war - dazu gleich mehr.
Der heutige Newsletter bietet einen ersten Einstieg in’s Space Tech Thema. Wir schauen uns an, was es mit der neuen Mondmission auf sich hat und wie staatliche Organisationen und private Firmen, dabei kooperieren. SpaceX wurde für diese Mission als wichtiger Partner von der NASA ausgewählt und entwickelt eine spezielle Rakete, die später auch bei den Mars Flügen zum Einsatz kommen soll. Ich will heute kurz erläutern, warum das Vorgehen von SpaceX dabei ganz anders ist, als das der NASA. Das erklärt dann auch die Explosion von oben.
Also los:
Next Stop: Mond
Schon seit knapp 20 Jahren arbeiten Firmen wie Elon Musk’s SpaceX und Jeff Bezos’ Blue Origin am Konzept von wiederverwendbaren Raketen für die Raumfahrt. Mittlerweile gab es etliche erfolgreiche Missionen, sogar schon bemannt.
In wenigen Jahren wird es einmal bescheuert klingen, dass Raketen bis vor Kurzem noch “Single Use” Konzepte waren. Stellt euch vor, Flugzeuge würden nach jeder Reise verschrottet.
Was in vergangenen Jahrzehnten noch rein staatliche Angelegenheit war, ist heute weitgehend privatisiert. Eine ganze Reihe von Firmen besitzt jetzt die Möglichkeit, Raketen, und damit Satelliten oder Material für die ISS in’s All zu schicken.
Ein regelmäßiger “Güterverkehr” von der Erde in unsere Umlaufbahn ist dabei nur der erste Schritt einer größeren Ambition. Denn sowohl die staatlichen Raumfahrtorganisationen, als auch private Firmen wollen nicht nur unsere Umlaufbahn, sondern auch den Deep Space und fremde Planeten für Menschen regelmäßig erreichbar machen. Manche, wie Virgin Galatactic fokussieren sich sogar schon heute auf die touristische Erschließung des Weltalls.
Ganz konkret gibt es das Ziel, möglichst bald den Mars zu erreichen. Dass das grundsätzlich geht, wurde schon mit mehrern unbemannten Missionen bewiesen. Aber die Ambitionen sind weitaus größer. Man träumt davon, den Mars permamnent zu besiedeln, ihn sogar zu terraformen und den Planeten so langfristig zur zweiten Heimat für unsere Menschheit zu machen. Klingt nach Science Fiction? Ist es nicht mehr.
Bevor man aber zum Mars fliegen kann gibt’s noch ein Zwischenziel: Wieder Menschen auf den Mond bringen und permanent dort stationieren. Wenn alles gut geht, ist es 2024 so weit. (Nein, das ist kein Tippfehler).
Warum will man zum Mond?
Erfahrungen sammeln - eine ausgedehnte Mondmission mit allem was dazu gehört soll auf weitere Missionen im Deep Space, allen voran zum Mars, vorbereiten.
Mond als Startbasis & Umschlagplatz - irgendwann mal soll man auch vom Mond aus zu anderen Planeten starten. Das ist wenigstens ein bisschen näher, wird aber vor allem knapp 10x weniger Energie benötigen. Von diesem Ziel sind wir noch weit entfernt. Die kommenden Mondmission dient aber zumindest als erster Schritt.
Forschung und Zugang zu Mondressourcen - neue bemannte Mondmissionen und eine permanent bemannte Mondstation werden uns in nie dagewesener Form die Erforschung unseres Bruderplaneten ermöglichen. Wer weiß, was wir noch alles finden. Bei vergangenen Missionen haben wir u.a. riesige Vorkommen von unterirdischem Eis entdeckt. Der Plan ist, dieses auch zu nutzen - zur Versorgung der Astronauten, oder zur Herstellung von Wasserstoff als Raketentreibstoff auf dem Mond.
Desweiteren wird es in Zukunft durch eine Mondbasis möglich sein, Ressourcen auf dem Mond abzubauen. Neben seltenen Erden ist hier vor allem Helium-3 interessant.
Wie will man zum Mond gelangen und dort bleiben?
Dafür gibt’s seit 2017 die Artemis Mission, die gerade so richtig Flug aufnimmt. Das Programm steht unter Führung der NASA, mit intensiver Mitwirkung weiterer internationaler Raumfahrtorganisationen, und einer ganzen Reihe von kommerziellen Partnern.
Die Strategie der Artemis Mission ist eigentlich ganz einfach:
Anstatt, wie bei den Mondmissionen der 60er und 70er alles in einem mitzubringen, werden über die kommenden Jahre schon mal Materialien, Mondrover & co. auf den Mond geschickt, ohne Menschen an Bord.
In einer nächsten Phase wird das Gateway - eine neue Space Station, in den Mondorbit geschickt. Wenn alles so weit ist, kann man dann Astronauten von der Erde zum Gateway schicken, die von dort dann auf den Mond reisen.
Damit das alles auch so stattfinden können wird, müssen sehr viele Zahnräder ineinandergreifen. Etliche staatliche- und nichtstaatliche Organisationen müssen wie ein gut eingespieltes Orchester zusammenwirken.
Für mich ist dabei einer der spannendsten Aspekte zu beobachten, wie unterschiedlich diese verschiedenen Spieler agieren. Das lässt sich sehr gut am Beispiel der Super Heavy Launcher beobachten. So nennt man die größten Raketensysteme, die mehr als 50t in den Weltall befördern können. Ein solches braucht man, um die bemannte Crew später zum Gateway, oder sogar direkt auf den Mond zu fliegen.
Die NASA arbeitet schon seit knapp 10 Jahren gemeinsam mit einer Reihe von Zulieferern am SLS (Space Launch System). Mittlerweile hat man eigentlich alle Komponenten zusammen, jetzt folgt eine ganze Reihe an Tests, dann ein stufenweiser Zusammenbau, weitere Tests und so weiter. Die Entwicklung und Produktion des ganzen hat bereits Milliarden gekostet.
Parallel arbeitet SpaceX seit etwa 2012 am Starship. SpaceX geht dabei aber ganz anders vor, als die NASA und ihre Partner. Statt in einer Wasserfall Planung alles genau durchzuplanen, einzelne Komponenten dann an Zulieferer zu outsourcen und dann Stück für Stück die Komponenten nach dem ursprünglichen Plan zusammenzubauen, geht SpaceX komplett agil vor. Das können sie unter anderem, weil sie sehr tief vertikal integriert sind und von der Triebwerkskonstruktion bis zur Bordsoftware fast alles selber kontrollieren.
Das Team versucht immer möglichst schnell einzelne testbare Komponenten zu bauen, diese dann zu testen, aus den Tests zu lernen, Anpassungen vorzunehmen, wieder zu testen und so weiter und so fort. Dieses iterative Vorgehen ist eher mit Software Entwicklung, als mit Hardware Entwicklung vergleichbar.
So wird dann zum Beispiel einfach mal umentschieden, dass das Starship nicht aus Carbon, sondern aus Edelstahl gefertigt wird. Solch eine Entscheidung wäre für ein klassisches NASA Projekt wie das SLS undenkbar. Und so erklärt sich auch, warum man so oft von explodierenden SpaceX Raketen hört: SpaceX experimentiert und testet andauernd. Oft sogar mit dem erklärten Ziel, dass etwas schiefgeht, sodass man eventuelle Schwachpunkte in Design & Konstruktion früh erkennt.
If things are not failing, you are not innovating enough. -
Elon Musk
Abseits der Tests, bei denen das Scheitern also mit eingeplant ist, klappt das Launchen und Landen mittlerweile übrigens quasi fehlerfrei. Erst gestern gab es wieder einen Start der SpaceX Falcon 9 Rakete.
Neben der kostengünstigeren und oft schnelleren Entwicklung des Starships gibt es noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Wenn alles einmal steht, wird man mittels Starship 1 kg Material für schätzungsweise $2,000 zum Mond befördern können. Das sind 10% der geschätzten zukünftigen Kosten mit SLS.
Elon Musk ist nicht gerade bekannt dafür, angekündigte Deadlines zu halten. Aber man kann ihm nicht vorwerfen, Versprechen grundsätzlich zu brechen. Als er Anfang der 2000er loszog, um ein neues Raumfahrtunternehmen zu gründen, erklärten ihn viele für verrückt. Als er erklärte, dass die Raketen vollständig wiederverwendbar sein würden, sagten viele, das sei undenkbar. Mittlerweile ist das für SpaceX Alltagsgeschäft.
Schon heute erwirtschaftet SpaceX $2 Milliarden Jahresumsatz. Das können sie, weil sie Raktenlaunches für Satelliten & co. zu einem unschlagbaren Preis anbieten können.
Selbst wenn die NASA an ihren Plänen festhält, in Artemis 1 mit SLS, und nicht mit dem Starship, zum Mond zu fliegen; Wenn es einmal eine feste Basis dort gibt, werden viele weitere Flüge folgen.
Es wird einen konstanten Bedarf an Nachschub geben und irgendwann fangen wir vielleicht sogar an, Ressourcen im großen Stil wieder vom Mond zur Erde zurückzubringen. Und wie gesagt, der Mond ist dabei nur der erste Schritt.
Keine andere Firma ist derzeit so gut aufgestellt, in naher Zukunft den Waren-, Güter-, und Personenverkehr zum Mond, und irgendwann auch zum Mars, zu gestalten. Das lässt mein Tech Herz höher schlägen, aber mein Business Herz fast noch mehr.
Ich kratze mit meinem heutigen Newsletter nur an der Oberfläche dessen, was das Thema Space Tech ausmacht. Vielleicht widme ich dem Ganzen in Zukunft weitere Ausgaben. Gerade wenn’s um Space Manufacturing, Asteroiden Mining oder Terraforming geht, gibt’s einige Rabbit Holes, in die man eintauchen kann.
Falls du in der Zwischenzeit weiteren Stoff brauchst, hier noch ein paar Content Tipps:
How We Could Build a Moon Base TODAY - kurzgesagt on YouTube 🌕
SLS vs. Starship explained - Everyday Astronaut on YouTube 🚀
The complete history & strategy of SpaceX - Acquired Podcast 🎧
Danke für’s Lesen!
Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
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