Was kommt nach ChatGPT?
4 AI Trends für 2023 die du auf dem Schirm haben solltest - Teil1: Zielgenaue Personalisierung von B2B Software
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Heute widmen wir uns, wie könnte es aktuell auch anders sein, dem Thema Künstliche Intelligenz, aber keine Sorge - es folgen keine “3 Tipps, wie du mit ChatGPT 4 Stunden am Tag sparst”.
Viel wurde in den vergangenen Wochen geschrieben über die neusten Trends im Thema. Auf LinkedIn konnte man sich kaum retten vor generischen Kopier-Posts zu ChatGPT. Es scheint, als seien endgültig alle selbsternannten web3 Experten zu “AI thoughtleadern” mutiert.
Das soll jetzt aber gar nicht allzu zynisch rüberkommen. Denn grundsätzlich ist es ja etwas Positives, wenn ein Thema, oder eine neue Technologie es schafft, eine breite Masse zu begeistern, und vor allem zugänglich für viele zu sein.
Da wären wir dann direkt schon bei der Erklärung, warum das Thema AI in 2022 gefühlt den Durchbruch hatte: Zugänglichkeit.
Wie nie zuvor ist es seit wenigen Monaten für jeden möglich, erste eigene Erfahrungen mit AI-Tools zu machen.
Als ich vor ziemlich genau zwei Jahren in diesem Newsletter das erste Mal über den Bildgenerierungsalgorithmus Dall·E geschrieben habe konnte man zwar allerlei zum Thema lesen, das Nutzen und Ausprobieren der Software war allerdings noch einer kleinen Gruppe an Beta-Testern vorenthalten.
So war es in den vergangenen Jahren bei vielen AI-Tools und Neuigkeiten. Zwar gab es oft beeindruckende Vorführungen und Videos, doch die Tools blieben für die Allgemeinheit verschlossen. Selbst bei den Tools, deren Code öffentlich zur Verfügung gestellt wurde, brauchte es mindestens einiges an Programmiererfahrung, um sie selbst ausführen zu können. Und auch das reichte meist nicht, denn die nötige Rechenleistung, vor allem in Form von GPUs hatten nur die Wenigsten auf ihren eigenen Geräten verfügbar.
Doch das hat sich in den letzten Monaten endgültig geändert. Auf der einen Seite haben die großen Spieler im Cloud Markt AI Tools und Infrastruktur für jeden zugänglich und individualisierbar gemacht und preisgünstig zur Verfügung gestellt. Und zusätzlich ist um diese Services herum eine ganze Riege an neuen “AI-as-a-Service” Infrastruktur Firmen entstanden. Astria, Humanloop und Scale sind dabei nur drei Beispiele von vielen.
Doch viel spannender, als den Blick auf das aktuelle Geschehen im Thema zu werfen, ist es nach vorne zu blicken.
Ich habe mich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt: Womit können wir in den kommenden Monaten rechnen, welche Trends werden das Thema AI im Jahr 2023 prägen?
Besonders spannend finde ich dabei folgende Trends, auf die ich im heutigen Post und kommenden Ausgaben näher eingehe:
Zielgenaue Personalisierung (“TikTokisierung”) jeglicher Geschäftsmodelle
AI-native vs. AI-added companies
AI-human collaboration → AI-first decision making
AI + atoms vs. AI + pixels
Trend 1: Zielgenaue Personalisierung von B2B Software
TikTok’s rapider Aufstieg wird vor allem der Tatsache zugeschrieben, dass das Produkt extrem “sticky” ist. Nutzer verbringen schon nach kurzer Zeit immer länger Zeit auf der Plattform. Warum das so ist? Weil der Algorithmus sehr schnell lernt, was dem Nutzer gefällt und dann über den “For You”-Feed jedem ein maßgeschneidertes TikTok bietet.
(Ob das etwas Gutes oder Schlechtes ist kommentiere ich in einer zukünftigen Ausgabe)
Die Personalisierung geschieht dabei auf Basis einer langen Liste an Mikro-Daten, die die App aus dem Nutzerverhalten zieht. Vor allem: Wie oft schaut ein Nutzer ein Video, wann bricht er ab und scrollt weiter, in welchem Moment wird pausiert, was wird kommentiert, geteilt,… und noch eine ganze Reihe mehr.
All diese Daten geben dem AI-Algorithmus von TikTok das nötige Futter, um aus den Millionen von Videos, die auf der Plattform verfügbar sind genau das als nächstes in den Feed zu spielen, was die Aufmerksamkeit hält und die Chance auf Interaktion maximiert.
Jeder Nutzer erhält auf Basis seines individuellen Mikroverhaltens ein personalisiertes Erlebnis.
Eine weitere personalisiertes UX kennt jeder, der ein iPhone besitzt. Die “Siri Suggestions”, die einem vorschlagen, welche App man mit der größten Wahrscheinlichkeit als nächstes öffnen möchte, sind schon heute oft extrem hilfreich. Hier lernt der Siri Algorithmus aus einer Vielzahl an Daten (u.a. Wann öffne ich Wo Welche App für Wie lange?) um die relevanten Apps und Aktionen vorzuschlagen.
Ein weiteres Beispiel aus einem ganz anderen Bereich beschreibt der VC Rex Woodbury in einem kürzlich erschienenen Blogbeitrag: Shein. Der chinesische Fast Fashion Anbieter, der weltweit aktuell H&M, Zara & co. links und rechts gleichzeitig überholt, passt das angezeigte Angebot auf seiner Seite anscheinend in Echtzeit an das Nutzerverhalten, was sich z.B. durch Suchbegriffe und Clicks definiert, an.
Dieser Trend kommt gerade erst so richtig in’s Rollen und ist vor allem bei B2C Anwendungen sichtbar. Doch die eben beschriebene, neue Zugänglichkeit von AI- Modellen und Rechenpower ermöglicht, dass zielgenaue Personalisierung von Produkten und Geschäftsmodellen in Echtzeit auch in klassischen B2B Anwendungen Einzug halten wird.
Gerade in großen Unternehmen sind komplexe Softwareprodukte wie CRMs und ERPs oft erst dann so richtig nützlich, wenn sie ganz individuell an die Bedürfnisse der jeweiligen Firma, oder sogar spezifischer, an die Bedürfnisse der jeweiligen Nutzer angepasst wird.
Das ist jedoch immer mit hohem Aufwand und Kosten verbunden. Gerade kleine und mittelgroße Betriebe können sich diese Anpassungen häufig nicht leisten und greifen auf Standardsoftware zurück.
Doch mit Hilfe von günstig und einfach verfügbarer AI-Rechenpower wird es in sehr naher Zukunft völlig normal sein, dass sich Software automatisch an die individuellen Anforderungen der jeweiligen Nutzer anpasst. Indem ein CRM z.B. automatisch auswählt, welche Felder und Eigenschaften ausgefüllt werden müssen. Oder sogar aus den Daten Trends erkennt, die man selbst noch nicht bemerkt hat und von sich aus Vorschläge macht.
Das könnte dann so aussehen, dass ein CRM für einen Sales Mitarbeiter standardmäßig z.B. die Telefonnummer eines Kunden größer anzeigt - nur weil es gelernt hat, dass dieses Nutzersegment oft genau diese Information anklickt, während es für den Support Mitarbeiter andere Informationen, z.B. zu Reklamationen hervorholt und die wichtigsten Passagen markiert.
In einem weiteren Schritt geht die Personalisierung dann so weit, dass sie auf Basis des Nutzerverhaltens der erfolgreichsten Sales Mitarbeiter lernt und allen anderen Sales Mitarbeitern automatische Vorschläge, z.B. zur Frequenz von Follow-Ups macht.
All das ist natürlich erst der Anfang. Im Kontext deutlich komplexerer Software als CRMs wird es noch viel spannendere Ansatzpunkte für hochpersonalisierte User Experiences geben.
Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Heute steht Software meist als “one-size-fits-all”-Lösung zur Verfügung - von ToDo Apps, die für 90% der Nutzer völlig überladen sind, bis zu Kommunikations-Tools wie Slack & co., die ohne genaue Einstellung der Notifications (und wer macht das schon) alle Mitarbeiter mit den selben Nachrichten bombardieren.
Wir dürfen hoffen, dass aus one-size-fits-all bald maßgeschneiderte Lösungen werden, die sich positiv auf unsere Produktivität auswirken, ohne dass dafür hohe Anpassungskosten notwendig sind.
Die spannende Frage dabei ist: Wer macht das Rennen? - die Software Firmen, die mit ihren Produkten bereits erfolgreich sind und jetzt AI nachträglich in ihre Produkte hineinweben, oder solche, die von Anfang an mit der einer AI-first Prämisse gebaut werden.
Und genau dieser Frage werde ich mich nächste Woche widmen. Dann schaue ich mir an, wie eine neue Generation von AI-native Firmen aktuell die Chance hat, selbst die größten Branchenriesen zu stürzen.
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Danke für’s Lesen!
Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie