Eine Epische Geschichte - Teil 2
Wie Epic Games Gründer Tim Sweeney zum König des Metaverse werden könnte.
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Für den einen sind sie nervige Spielerei, für den anderen Kaufgrund für ein iPhone: Animoji - die von Apple vor ein paar Jahren eingeführten animierten Emojis, die man mit Hilfe der eigenen Mimik steuern kann.
Längst haben auch andere Firmen ähnliche Konzepte auf den Markt gebracht, so richtig durchgesetzt hat sich das Ganze trotzdem nicht. Aber es gibt durchaus einen spannenden Anwendungsfall: Ein großer Teil unserer Kommunikation geschieht ja bekanntlich über Gestik und Mimik - und während das bisher in der digitalen Welt nur sehr schwierig abbildbar war, wird das mit eben den Face-Motion-Tracking Technologien möglich.
Eine der Firmen, die sich in diesem Bereich bewegt: Hyprsense. Und jetzt darfst du drei mal raten, von welcher Firma Hyprsense Anfang der Woche übernommen wurde…
Richtig: Epic Games!
Und damit willkommen zu Teil 2 meines Portraits zu einer der interessantesten Tech Firmen unserer Zeit. Solltest du Teil 1 noch nicht gelesen haben, kannst du dies hier nachholen. Außerdem gibt es jetzt auch eine Audio Version, wenn du das Ganze lieber hören willst.
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Putting the Pieces together
Im Post von letzter Woche haben wir Epic Games kennengelernt und verstanden, welche Bestandteile die Firma ausmachen. Heute fügen wir das Puzzle zusammen und schauen uns an, welche mittelfristige Strategie und langfristige Vision hinter dem Handeln von Gründer Tim Sweeney stecken.
Rufen wir uns noch einmal kurz in Erinnerung, welche Bestandteile heute Epic ausmachen:
Unreal: Epic’s Game Engine, die auch externen Anwendern kostenlos zur Verfügung steht (mit Lizenzmodell ab $1 Mio. Umsatz)
Epic Games Store: Epic’s Konkurrent zu Steam & co. Hier können Spieler auch Games anderer Entwickler (z.B. GTA V) kaufen
Epic Games Publishing: Als Publisher finanziert Epic bis zu 100% der Entwicklungskosten für andere Game Developer vor und hilft bei Marketing & Vertrieb
Epic Online Services: Tech Services wie Nutzerverwaltung, Matchmaking & Payment, die andere Entwickler nahtlos in ihre Angebote integrieren können
Fortnite: Eines der beliebtesten Online Games weltweit, das mit über 350 Millionen Spielern immer mehr den Charakter eines Social Networks annimmt und für Epic gleichzeitig sehr profitabel ist (schätzungsweise bis zu $1 Milliarde Gewinn)
Aus all dem ergibt sich ein einzigartiges “Flywheel” - im Kern dessen stecken vor allem Netzwerkeffekte, die entstehen, weil Epic seine Technologien eben nicht nur für sich selbst nutzt, sondern offen zur Verfügung stellt.
Zunächst liegt auf der Hand, dass Epic über die massenweise Nutzung der Unreal Engine durch andere Entwickler, Zugriff auf einen wahren Datenschatz bekommt. Sie lernen nicht nur aus der eigenen Nutzung, sondern aus der Nutzung einer Vielzahl unterschiedlicher Anwender in unterschiedlichenn Bereichen, wie ihre Software genutzt wird und somit auch, wo Potentiale für Verbesserungen bestehen.
Einerseits hat Epic Zugriff auf anonymisierte Nutzungsdaten. Andererseits führt die Anwendung dazu, dass Entwickler ihre Wünsche und Ideen für die Unreal Engine mit Epic teilen, oder sich sogar im Rahmen von Partnerschaften an der Weiterentwicklung beteiligen. Hierfür gibt es etliche Beispiele - z.B. die Zusammenarbeit von NVIDIA, Disney und Epic, für eine Star-Wars Disney World Attraktion. Code, der in solchen Kollaborationen die Unreal Engine verbessert, kommt dann wieder allen Nutzern zu Gute, das führt dann wieder zu einer verbreiteten Nutzung, was wieder zu… Netzwerkeffekte!
Mit dem Store erlangt Epic zudem einen wertvollen Informationsvorsprung gegenüber anderen Spieleentwicklern. Denn so bekommen sie nicht nur die Nutzungs- und Abrufzahlen für die eigenen Spiele, sondern direkt für eine Vielzahl von Spielen.
Was wird wie viel, wie oft und wie lange von wem gespielt? Das sind extrem wertvolle Informationen, die Epic eine transparentere Sicht auf den Markt erlauben und es z.B. ermöglichen Trends deutlich früher zu erkennen. Ähnliche Vorteile ergeben sich aus dem Angebot der Epic Online Services.
Als Publisher sind sie bei anderen Spieleentwicklern früh in den Kreativprozess involviert. So haben sie einerseits die Möglichkeit, Ideen und Ansätze zu testen, ohne direkt eigene Entwicklerressourcen zu benötigen, und gleichzeitig haben sie frühen Zugriff auf Talente und aufstrebende Firmen.
Der Informationsvorsprung, der für Epic durch Unreal, den Store und das Publishing Geschäft entsteht, hat einen spannenden Nebeneffekt: Epic sieht Firmen, die für ein Investment oder sogar eine Übernahme in Frage kommen, deutlich früher als andere Investoren und Konkurrenten. Diese Investments und Übernahmen sind für Epic langfristig aus finanzieller, aber vor allem mittel- und kurzfristig aus strategischer Sicht wichtig. So hat Epic neben den Anfangs erwähnten Hyprsense alleine in 2020:
Kurz gesagt: Epic’s M&A Team is on fire 🔥
Neben den Services für andere Firmen betreibt Epic dann natürlich mit Fortnite noch selbst ein unglaublich erfolgreiches Spiel/Network. Darüber baut sich die Firma eine immer größere, hoch-engagierte Spieler- und Nutzerbasis auf und verschafft sich gleichzeitig einen eigenen Platz als Teil der modernen Pop-Kultur. Auch das wieder überlegt und raffiniert, u.a. durch Partnerschaften mit anderen bekannten Marken, Musikern und Sportlern.
Von der mittelfristigen Strategie zur langfristigen Vision
Der Erfolg von Epic beruht natürlich im Kern auf der herausragenden Technologie, die in der Unreal Engine steckt. Aber nur in Kombination mit den ausgeklügelten Geschäftsmodellen ergibt sich daraus ein stimmiges Bild.
Jetzt habe ich in Teil 1 groß angekündigt, dass ich Epic schon in wenigen Jahren in einem Atemzug mit Apple, Facebook, Google und co. genannt werden wird. Zugegeben, noch sind sie davon mit einer geschätzten Bewertung von knapp $17 Milliarden weit weg. Und auch mit dem aktuellen Geschäftsmodell wäre es für Epic schwierig, die Bewertung auf’s Level der Silicon Valley Giganten zu bringen, wie Matthew Ball in seinem Blogbeitrag zu Epic vorrechnet: Die gesamte Games Branche erwirtschaftet (Hardware ausgenommen) derzeit einen Jahresumsatz von ca. $120 Milliarden. Selbst, wenn also alle Hersteller nur noch die Unreal Engine nutzen, und im Epic Store ihre Spiele anbieten würden, käme Epic auf maximal $15 Milliarden Jahresumsatz.
Die Antwort für meine Prognose kann also nicht in der Betrachtung des heutigen Markts, sondern nur in einem Blick in die Zukunft liegen. Und genau die will Tim Sweeney aktiv mitgestalten.
Epic’s Strategie liegt ganz klar darin, nicht ein möglichst großes Stück des bestehenden Kuchen zu bekommen, sondern den Kuchen für alle größer zu machen. Um von Konditor- zu Tech Sprache zu wechseln: Epic will aktiv seinen Total Adressable Market (TAM) erweitern.
Und umso interessanter wird es, wenn man versteht, was dieser TAM alles mit einbeziehen kann, denn das ist längst nicht nur die digitale Welt und die Welt der Spiele….
Denn Tim Sweeney ist überzeugt davon, dass uns ein neues Zeitalter bevorsteht - in dem alles, was in der echten Welt existiert, eine Repräsentanz in der digitalen, virtuellen Welt besitzt.
Just as every company a few decades ago created a webpage, and then at some point every company created a Facebook page, I think we’re approaching the point where every company will have a real-time live 3D presence, through partnerships with game companies or through games like Fortnite and Minecraft and Roblox... That’s starting to happen now. It’s going to be a much bigger thing than these previous generational shifts. Not only will it be a boon for game developers, but it will be the beginning of tearing down the barriers not just between platforms but between games.” - Tim Sweeney
Vielleicht erinnerst du dich auch noch - vor nicht einmal 20 Jahren haben Firmen in Fernsehspots noch aktiv mit ihren Domains geworben. Anfang der 2000er war es längst noch nicht für jede Firma der Standard, eine ordentliche Website zu besitzen. Und selbst wenn, hatte diese oft nur den Charakter eines digitalen Branchenbucheintrags. Auch wenn man das im Kontext der heutigen Zeit schnell vergisst - inhaltsreiche, interaktive Websites - z.B. mit der Möglichkeit online ein Auto zu konfigurieren, und zu bestellen, sind selbst in der Geschichte Internets ein vergleichbar neues Phänomen.
Und doch ging alles irgendwann sehr schnell und für die Jugend von Heute ist eine Welt ohne Online-Shopping kaum mehr vorstellbar.
Das sollte man also im Hinterkopf behalten, bevor man die Aussagen von Tim Sweeney als bloße Spinnerei abtut. Die Idee des Metaverse ist nicht neu, doch zum ersten Mal in der Geschichte scheint sie zumindest aus technischer Betrachtung, zum Greifen nah.
Wie ich schon in meinem ersten Post zum Thema virtuelle Welten & Metaverse geschrieben hatte, arbeiten derzeit einige Firmen - darunter z.B. auch Facebook, aktiv am Konzept einer virtuellen Welt. Damit daraus dann wirklich ein Metaverse werden kann, in dem virtuelle und reale Welt nahtlos miteinander agieren, bedarf es einer ganzer Reihe an Faktoren, viele davon außerhalb des Einflussbereichs einer einzelnen Firma, aber im Kern bedarf es vor allem der Lösung eines Themas: Interoperabilität.
Das ist schon im heutigen Internet ein Problem. Im Endeffekt basieren natürlich alle Websiten auf der selben Grundlage - auch wenn unterschiedliche Programmiersprachen & Technologien zum Einsatz kommen, so kann ich doch mit meinem Browser fast jede Website der Welt aufrufen und bedienen.
Das heißt aber dann noch lange nicht, dass die Daten dieser Websiten miteinander kompatibel sind. Das fängt bei meinen Accounts an - ich kann nicht einfach meine Facebook Freunde zu Twitter umziehen, meine Zahlmethoden werden pro Seite gespeichert, wenn überhaupt, und so weiter. Im heutigen Internet ist das nervig, in einem Metaverse ist es ein Dealbreaker.
Für das Metaverse müssen also die virtuellen Welten untereinander, und dann auch mit der echten Welt interoperabel sein. Und dafür, dass das funktionieren kann, ist wohl keine Firma besser aufgestellt, als Epic Games.
Hier bilden zwei Bestandteile von Epic die perfekte Einheit: Epic Online Services bildet die geteilte Grundlage für Accounts, Zahlungs- und Kommunikationssysteme. Und die Unreal Engine bietet die Grundlage für die digitale Repräsentanz der echten Welt - in 3D und mit geteilter digitaler Physik.
Epic Online Services verbindet heute schon hunderte Millionen Nutzer, und durch Einsatz der Unreal Engine bestehen 3D Modelle der neusten BMWs, die virtuelle Welt deines Lieblings Xbox Spiels, sowie das Set von “The Mandalorian” auf der selben Basis.
Wenn Tim Sweeney also Recht behalten sollte, dass jede Firma zukünftig auch eine virtuelle Repräsentanz besitzt, und wir uns alle nahtlos zwischen der echten und der virtuellen Welt bewegen, dann weitet sich der Total Adressable Market von Epic auf einmal sehr weit über die Grenzen von Gaming- und Film-Industrie aus - und zwar auf die gesamte Welt.
Es gibt da diesen Kalenderspruch, “Der beste Weg die Zukunft vorherzusagen, ist sie zu erschaffen”. - und weil Tim Sweeney genau weiß, dass er und Epic das nicht alleine können, geht er einen entscheidenden Schritt weiter - er gibt der Welt die Werkzeuge, um an dieser Zukunft mitzuarbeiten.
Ich bin davon überzeugt, das Metaverse wird kommen. Ich bin mir nicht sicher, ob es so aussieht wie das Bild, das Bücher und Filme wie Ready Player One zeichnen, aber ich bin mir sicher, dass Epic darin eine große Rolle spielen wird.
Vielen Dank für’s Lesen! Ich hoffe dir hat diese kleine Reise in die Welt von Epic gefallen. Falls du es bis hier geschafft hast, gibt es nur zwei Möglichkeiten:
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Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
Weiterer Lese- und Hörstoff
Deine Neugierde zu Epic Games ist auch nach diesem zweiten Teilnicht gestillt? Dann gibt es hier weiteren Content, der für mich wichtiger Teil der Recherche war, und an vielen Stellen noch einmal deutlich tiefer geht:
“The Epic Games Primer” - ein sechs-teiliger exzellenter Blog Post von Matthew Ball & Jacob Novak
“Acquired.fm - Epic Games” - 2,5h Podcast aus der fantastischen Acquired Serie
“Invest Like The Best: Matt Ball - The Future of Media: Movies, the Metaverse, and More“ - Matt Ball, Autor von Link Nr. 1 zu Gast in einem meiner absoluten Lieblings-Podcasts Invest Like The Best