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Happy Friday! 👋
IPOs und SPACs sind das Thema der Stunde. Heute schauen wir uns zwei geplante Börsengänge an. Einer steht kurz bevor und einer buchstäblich in den Sternen.
Viel Spaß beim Lesen!
Wagt Elon Musk den nächsten IPO?
Ja, diese Woche ist übrigens auch wieder eine SpaceX Rakete explodiert. Ja, es war wieder ein Test und nein, es ist immer noch nicht schlimm. Warum - darüber hatte ich ja hier vor einigen Wochen ausführlicher geschrieben.
Viel spannender ist es aber darauf zu schauen, was bei SpaceX gerade sehr gut läuft. Und da gab’s diese Woche den schon 5. Starlink Launch des Jahres.
Starlink - so nennt SpaceX seine kleinen Satelliten, die bald als volle Konstellation überall auf der Welt schnelles Internet versprechen.
Vor einem Jahr war schon einmal durchgedrungen, dass die Option eines Spinoff-IPOs von Starlink möglich sein könnte. Und in den letzten Wochen hat Elon Musk das Thema dann (wie immer per Tweet) noch mal aufgewärmt.
Und auch, wenn dieser IPO bisher noch sehr theoretisch ist, will ich heute einen kleinen Einblick in die sehr praktische Realität von Starlink geben.
Satelliten Internet – gibt’s das nicht schon?
Doch, das gibt’s schon. Gab’s sogar auch schon in den 90ern. Aber: spätestens seitdem das Internet nicht mehr vor allem aus statischen Text- und Bildinhalten besteht, sondern aus Videos, Streaming, Gaming und Zoom Calls, ist Satelliten Internet (in seiner bisherigen Form) keine wirkliche Option.
Das liegt ganz einfach an der Latenz. So nennt man die Verzögerung die zwischen dem Senden und Empfangen von Signal und Antwort liegt.
Wenn ich bei Google suche, schicke ich meine Anfrage an den Google Server und dieser antwortet mir. Im besten Fall sehr schnell. Und während es beim Suchen nicht ganz so schlimm ist, wenn’s mal ein bisschen länger dauert, ist jegliche Verzögerung bei Aktivitäten wie Video Calls ein Dealbreaker.
Du kennst das bestimmt, wenn die Verbindung mal schlecht ist, und immer eine gewisse Verzögerung im Call ist - das liegt dann meistens eher an zu hoher Latenz als an fehlender Bandbreite.
Wir Menschen nehmen visuelle Verzögerungen schon ab knapp 13ms wahr. Für Video Calls wird’s aber erst ab 100ms aufwärts schwierig.
Und genau da liegt das Problem von Satelliten Internet: Denn die durchschnittliche Latenz beträgt hier ca. 500ms.
Warum? Weil die Satelliten ziemlich weit weg sind. Meistens um die 35.786km. In dieser Höhe ist nämlich der geostationäre Orbit. Satelliten, die sich dort befinden, bewegen sich genau synchron zur Erdbewegung. Und so braucht man dann nur relativ wenige, damit immer einer von jedem Punkt der Erde aus sichtbar ist.
Was macht Starlink dann anders?
Starlink verspricht Latenzen von nur 20-40ms. Wie? Die Satelliten sind deutlich näher an der Erde. In nur knapp 550 km Entfernung.
Damit man so aber eine Abdeckung der ganzen Welt hinbekommt, braucht man ziemlich viele dieser Satelliten. Mit den 60, die diese Woche hochgeschossen wurden, fliegen jetzt schon über 1.000 Starlinks über uns. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der erste Launch noch keine 2 Jahre her ist. Und noch erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass davor nicht mal 10.000 Satelliten überhaupt je den Weg in’s All gefunden haben - seit 1957.
Wofür das Ganze?
Gefühlt hat doch sowieso schon jeder Internet, oder? Das stimmt leider nicht. Denn auch wenn mittlerweile über 65% der Weltbevölkerung irgendwie Zugang zum Internet haben, ist regelmäßiger, stabiler und schneller Zugang in vielen Gegenden der Welt immer noch nicht normal. Wenn man zukünftig nur eine Antenne in den Himmel richten muss, statt Kabel zu verlegen und Funkmasten zu installieren, wäre das ein wichtiger Schritt, um der gesamten Weltbevölkerung echten Zugang zum Internet zu geben.
Und dann gibt’s natürlich noch eine ganze Reihe von Anwendungen, ob in der Luft oder auf dem Meer, wo Kabel einfach nicht so gut funktionieren.
Und selbst da, wo schon Kabel liegen kann Internet per Satellitenübertragung sinnvoll sein. Schätzungsweise ist die Latenz bei irdischen Entfernungen über 3000km sogar schlechter, als bei den 550 km entfernten Satelliten. Das liegt nicht an alter Technologie, sondern ganz langweilig an den Grenzen der Lichtgeschwindigkeit.
Was ist der finanzielle Case für Starlink?
Wenn SpaceX es schafft, ein weltumspannendes Netzwerk an Satelliten zu launchen (und gerade sieht das ganz gut aus), dann können sie damit Millionen von Kunden erreichen. (Kurze Servietten Rechnung: Jeder einzelne Satellit bietet etwa 20 GB/s Bandbreite - bei 100 MB/s pro Anschluss (eher konservativ) würde das also für 200 Kunden reichen. Es sind bis zu 30.000 Starlinks geplant - also bis zu 6 Mio Anschlüsse).
Elon Musk hat mal erwähnt, dass er den möglichen Jahresumsatz von Starlink auf $30 Milliarden schätzt. Und selbst wenn das massiv überschätzt ist - ein einstelliger Milliardenumsatz ist bei den oben genannten Zahlen nicht unrealistisch und auch ganz nett.
Warum macht das dann kein Anderer?
Tatsächlich gibt es auch andere ähnliche Bestrebungen, u.a. von Amazon, doch keine andere Firma ist in der außergewöhnlichen Position, neben Satellitentechnik auch gleich über die nötige Raketentechnik und Kapazität zu verfügen, um die Satelliten in den Orbit zu bringen.
Denn wie erwähnt, benötigt man im näheren Orbit für eine weltweite Abdeckung deutlich mehr Satelliten. Und diese ins All zu bringen ist kompliziert und vor allem: teuer. Außerdem halten diese nicht so lange - die Starlinks müssen schätzungsweise alle 5 Jahre “ersetzt” werden.
Wie gut, dass SpaceX mittlerweile verlässlich wiederverwendbare Raketen ins All schießen kann. Die aktuell genutzten Falcon 9 Raketen können 60 der kleinen Satelliten auf einmal befördern. Wenn das Starship einmal ausgereift ist, sind bis zu 400 in einer Tour möglich.
Welche andere Firma könnte ähnliches aus einer Hand leisten?
Sollte es also wirklich in den kommenden Jahren zum Starlink Spinoff und IPO kommen - ich werde ganz genau hinschauen!
Friede Freude Internet?
Ich will hier nicht ganz unerwähnt lassen, dass es durchaus auch einige Leute gibt, die ganz und gar nicht begeistert davon sind, dass momentan massenhaft Satelliten in sehr erdnahe Umlaufbahnen geschossen werden. Vor allem Astronomen werfen SpaceX vor, für extreme Lichtverschmutzung zu sorgen, die astronomische Beobachtungen stark einschränkt. SpaceX hat wohl zumindest schon mit einer weniger reflektierenden Beschichtung nachgeholfen und will auch weiter daran arbeiten, die Satelliten “unsichtbarer” zu machen.
Coinbase strebt an die Börse
Ein IPO, der deutlich greifbarer ist, ist der von Coinbase. Die erfolgreiche Krypto Plattform will wohl in Kürze per Direct Listing an die Börse gehen. Die Bewertung wird bei ca. $100 Milliarden liegen. Das wäre der größte Tech Börsengang seit Facebook’s IPO 2012.
Das ist nicht aus der Luft gegriffen. Denn um einen Preis festzulegen hat Coinbase über die letzten Monate immer wieder Aktienpakete über den Nasdaq Private Market angeboten - zuletzt zu eben dieser Bewertung.
Das ist durchaus ein sportlicher Multiple auf die aktuellen $1.2 Milliarden Umsatz, aber auch diesen Multiple kann man rechtfertigen. Denn zum einen wächst die Firma auch 8 Jahre nach Gründung noch sehr stark und hat es zum anderen trotzdem letztes Jahr geschafft einen Gewinn von über $300 Millionen zu erwirtschaften.
Investoren sehen aber wohl anscheinend noch viel Potential für weiteres Wachstum. Und auch damit könnten sie Recht haben. Coinbase hat über die letzten Jahre viel in neue Produkte investiert. So bietet die Firma längst mehr als nur eine Krypto Börse und ein Wallet für Privatinvestoren: Unter anderem eine ganze Reihe an Tools für professionelle Trader und Firmen, sowie eine Payment-Tool für den Handel.
Diese neuen Produkte machen aber heute nur 4% des Umsatzes aus. Alleine hier lässt sich also über die kommenden Jahre noch einiges erreichen.
Ich bin Fan von Coinbase. Wie keine andere Firma haben sie es geschafft, das Thema Kryptowährungen für eine breite Masse zugänglich, sicher und verständlich zu machen.
Leser des S1 Dokuments von Coinbase konnten übrigens auf ein spannendes Detail stoßen: Neben $1 Mio Gehalt und $57 Mio Optionspaket hat der Gründer und CEO, Brian Armstrong auch eine Zahlung von $1,8 Mio für “personal security measures” erhalten. Es ist wohl nicht ganz ungefährlich, gleichzeitig Krypto-Milliardär und öffentlich bekannt zu sein…
Wie so viele andere erfolgreiche Firmen, hatte auch bei Coinbase der Accelerator Y Combinator seine Finger im Spiel. Wer und was dahinter steckt hatte ich ja in der vorletzten Ausgabe beschrieben.
Nach über 400 Tech IPOs in 2020 setzt sich der Trend auch in 2021 fort. Wir kommen damit wieder auf dem Niveau des großen Dotcom Booms an. Hoffen wir, dass in den Firmen dieser Generation ein wenig mehr Substanz steckt.
Auch in Zukunft werde ich in diesem Newsletter immer mal wieder einen Blick auf aktuelle IPO Stories werfen. Falls du noch kein Subscriber bist, hier ist deine Chance:
Danke für’s Lesen!
Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie