Wie Twitter Journalismus im Netz ein neues Geschäftsmodell geben will
Mit der neusten Übernahme stärkt Twitter Online Journalismus, und macht sein kommendes Subscription Produkt attraktiver.
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Heute schauen wir uns an, wie Twitter’s neuster Zukauf Journalismus im Netz ein neues Geschäftsmodell geben könnte, und wie Twitter damit vor allem auch sein eigenes Modell umstellt.
Aber vorher gibt’s noch einen kurzen Abstecher zum Mond. Denn seit ich vor einigen Wochen ausführlicher über SpaceX geschrieben habe, ist wieder einiges geschehen.
Wie berichtet, will die NASA nach über 50 Jahren wieder Menschen auf den Mond schicken. Bisher waren noch 3 Firmen im Rennen um das Landemodul: Dynetics, Blue Origin (Die Firma von Jeff Bezos), und SpaceX.
Der Zuschlag dafür ging vor zwei Wochen an SpaceX. Doch dagegen wehren sich jetzt Blue Origin und Dynetics und haben jeweils eine Beschwerde gegen den Vergabeprozess eingereicht.
Elon Musk scheint das bisher auf jeden Fall eher zu belustigen:
Sollte es dabei bleiben, dass SpaceX den Zuschlag erhält und dann in wenigen Jahren (geplant ist 2024, doch das scheint nicht mehr unbedingt realistisch) Menschen an Bord eines Starship zum Mond fliegen, wäre das wohl der ultimative Ritterschlag für Elon Musk’s Firma.
Und prompt haben sie gestern noch mal so richtig bewiesen, was sie können und haben zum ersten Mal erfolgreich ein Starship bis auf knapp 10.000m aufsteigen und ohne Explosion wieder landen lassen:
Wie schon vor einigen Wochen geschrieben: Bei mir löst das immer wieder Gänsehaut aus!
P.S.: Wem das auch so geht, dem kann ich die Apple TV Serie For All Mankind an’s Herz legen - eine fiktive Erzählung, was geschehen wäre, wenn das Space Race nie geendet hätte.
🌍 Zurück zur Erde und auf zu den spannendsten Tech Themen der Woche.
Viel Spaß beim Lesen!
Wie Twitter Journalismus im Netz ein neues Geschäftsmodell geben will
Weil die großen journalistischen Online Publikationen es nicht geschafft haben, ihre wegfallenden Print Abonnement Einnahmen mit digitalen Abonnements aufzufangen, ist Werbung auch in 2021 noch das zentrale Geschäftsmodell für Journalismus im Netz.
Doch wir alle wissen, dass das eigentlich nicht das richtige Mittel zur Monetarisierung ist. Denn Werbung macht das Lesen von Qualitätsjournalismus fast ausschließlich schlechter. Der Lesefluss wird gestört, die Aufmerksamkeit wird auf alles, nur nicht den Text gelenkt, und so weiter. Ich glaube ich erzähle hier kaum etwas Neues.
Außerdem hat Werbung sogar einen negativen Effekt auf den Journalismus selbst. Denn Werbung bringt nur Einnahmen mit möglichst vielen Eyeballs und möglichst vielen Klicks. Und um diese zu erhalten, braucht es möglichst reißerische Headlines, Bilder & co - Clickbait.
Nicht nur erzeugt Werbung in Online Medien also ein rundum schlechteres Nutzererlebnis, sie funktioniert als Geschäftsmodell auch immer schlechter.
Wie jeder weiß machen Adblocker und die zunehmenden Tracking Blocker es immer schwerer, überhaupt noch Werbung auszuspielen.
Kurzum: Werbung und Journalismus passen eigentlich überhaupt nicht zusammen.
Bisher haben die meisten Online Medien aber keine guten Alternativen dazu gefunden. Ausnahmen gibt es nur ganz wenige, z.B. die New York Times. Außerhalb von Werbung, versuchen die meisten Publikationen nach wie vor, ihr Print-Abo Modell online einfach 1:1 abzubilden: Zahle 20€ im Monat, und dafür darfst du unsere Inhalte lesen.
Ich persönlich bin durchaus bereit, für guten Journalismus Geld auszugeben, aber weil ich mich selten nur eine Quelle lese, müsste ich gleich bei allen Abos abschließen - das ist mir dann wiederum zu teuer. Ergo: Ich bezahle bei keiner Plattform für ein Abo.
Es gab immer wieder Ansätze, das zu verändern, z.B. mit Mikrotransaktionen. Aber alle dieser Versuche, die mir bekannt sind, z.B. LaterPay auf Spiegel Online, existieren nicht mehr.
Außerhalb der bekannten Verlagshäuser und Publikationen, haben Plattformen wie Medium in den vergangenen Jahren versucht, neue Modell für die Finanzierung von Journalismus zu erschaffen.
Bei Medium z.B. greift eine Paywall, wenn man mehr als 3 Artikel im Monat auf der Plattform lesen will. Premium Subscriber haben für $5 im Monat Zugang zu allen Artikeln. Die Einnahmen werden dann aufgeteilt auf die Autoren, deren Artikel ein Nutzer liest.
Ein ähnliches Modell hat das Startup Scroll geschaffen. Nur, dass es eben nicht auf einer eigenen Plattform, sondern auf den Seiten vieler bekannter großer Online Medien, wie Vox, The Verge und The Atlantic funktioniert.
Liest man als Scroll Abonnent auf einer dieser Seiten einen Artikel, wird die Werbung wie bei einem Adblocker ausgeblendet. Außerdem ist es teilweise möglich, auch Artikel hinter den Paywalls anzusehen. Die Publikationen erhalten dafür von Scroll einen Anteil der Einnahmen - und der ist anscheinend sogar höher als die Einnahmen, die sie sonst durchschnittlich mit der gezeigten Werbung verdienen würden.
Jetzt hat Twitter Scroll übernommen, und das ist gleich aus mehrern Gründen ein spannender Zug.
Erstens gibt das dem Modell, Journalismus mit gebündelten Abonnements zu finanzieren, enormen Rückenwind.
Twitter hat knapp 200 Millionen täglich aktive Nutzer, und ist für viele die Discovery Plattform für Artikel & News. Twitter ist vor allem für seriöse Online Publikationen einer der Top Traffic Referrer.
Als Teil von Twitter wird es außerdem leichter sein, weitere große Publikationen von Scroll zu überzeugen. Damit steigt der Wert des Produkts für die Nutzer, es können mehr Einnahmen generiert, und somit auch mehr Einnahmen an die Verlage ausgezahlt werden.
Twitter hat also die Möglichkeit beide Seiten - Endnutzer und Anbieter in ganz neuen Größenordnungen auf ein Modell wie Scroll zu bringen.
Und andererseits ist es sehr spannend, die dahinterliegende Strategie von Twitter genauer zu beleuchten. Klar ist: das Modell von Scroll funktioniert nur, wenn Nutzer dafür zahlen. Und so ist zu erwarten, dass die Funktionen von Scroll Teil eines bezahlten Angebots von Twitter werden. Bisher ist nämlich auch für Twitter Werbung die einzige Einnahmequelle.
Dieses bezahlte Angebot könnte in Form eines Twitter Premium Accounts und/oder in Form von verschiedenen einzelnen bezahlten Funktionen kommen. Unter anderem gibt es schon Informationen zu einem neuen Super Follow Feature, das eine Subscription Funktion für besondere nutzer-generierte Inhalte sein soll - ähnlich wie bei Substack, Patreon & co.
All das in Kombination mit den weiteren Übernahmen und neuen Produktfeatures in Twitter, z.B. Revue oder Spaces (der Clubhouse Klon), zeigt, dass Twitter gerade so richtig aufdreht.
Was ich daran so interessant finde ist, dass Twitter auf seiner eigenen Plattform ein ganz neues Ökosystem schafft, bei dem die alte Welt der großen Verlage und Zeitschriften sich mit der neuen Welt der Creator Economy vermischt.
Die Akquisition von Scroll.com ergänzt diese Strategie auf spannende Art und Weise - weil sie die Möglichkeit bietet, sowohl den ganz Großen, als auch kleinen Creatorn Zugang zu einem neuen Geschäftsmodell zu geben.
Lange Zeit galt Twitter unter dem CEO Jack Dorsey als schwarzes Schaf unter den Tech Aktien - ich habe die Erwartung und Hoffnung, dass sich dieses Blatt in den kommenden Monaten wenden wird.
P.S.: Dieser Newsletter war schon fertig geschrieben, als Twitter dann gestern Abend um 22:00 unserer Zeit ein neues Monetization Feature angekündigt hat… Tip Jars!
Danke für’s Lesen!
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Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
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Jeden Freitag schicke ich einen Deep Dive zur US Tech Szene an über 200 Abonnenten. In den letzten Wochen habe ich u.a. über das Debakel um Robinhood & Gamestop, NFTs und SpaceX geschrieben.
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