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Eigentlich wollte ich diese Woche eine Fortführung meines Posts von letzter Woche “Apple und die Moral” schreiben. Dabei sollte es um Apple’s unterschiedliche Auslegung von Datenschutz und Zensur im Westen vs. in China gehen. Ich hatte auch schon einiges geschrieben, als mir zwei Dinge klar wurden:
Ich bin ein positiver Mensch, zwei Wochen in Folge über eher negative Dinge zu schreiben, macht mir keinen Spaß, und wahrscheinlich würde es auch nicht viel Spaß machen, das Ergebnis zu lesen.
Fast alles, was ich dazu hätte schreiben können, wurde schon in einem ausführlichen und sehr guten Beitrag der New York Times geschrieben, den ich dann statt meiner Ausführungen hier gerne empfehle.
Daher kommt heute mein Blick auf ein ganz anderes Thema: Amazon’s Film- und Fernsehbusiness. Denn da gab es diese Woche spannende News.
Viel Spaß beim Lesen!
Amazon kauft MGM - und Jeff wird James’ Boss
Es mag heute kaum mehr vorstellbar sein, doch noch vor weniger als 20 Jahren, bevor Google, Amazon, Facebook und co. so richtig groß wurden, da war die Tech Branche im Vergleich zur Medienbranche klein und unbedeutend.
Kaum etwas könnte den Wandel, der in den letzten Jahren diesbezüglich stattgefunden hat besser einfangen als die Schlagzeile: “Amazon kauft Hollywood Studio MGM für $8.5 Milliarden”.
Mehr hatte Amazon bei Zukäufen bisher nur einmal bezahlt, für die Supermarktkette Whole Foods.
Der Deal ist gleich aus mehreren Gründen ziemlich spannend. Denn einerseits entsteht vor unseren Augen eine neue Art Mega-Konzern, wie es ihn bisher nicht gegeben hat. Ja, auch in der Vergangenheit gab es Mischkonzerne mit sehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern — doch das scheint Amazon nicht sein zu wollen, und auch tatsächlich nicht zu sein.
Denn man nimmt durchaus rote Fäden wahr, die Amazon durch seine verschiedenen Businesses spinnt. Vom Fokus auf den Kunden, bis zum Ansatz Hardware, Software und Services miteinander zu verschmilzen, bis zum Bundling der Produkte in attraktive Preismodelle für den Endkunden.
Amazon ist wohl zu Recht eine der wertvollsten Firmen der Welt. Aus diesem Wert und den vielfältigen Einflussbereichen entsteht eine ungeheure Macht, die natürlich auch immer wieder Kritik ausgesetzt ist.
Ich habe in diesem Newsletter ja schon öfter darüber geschrieben, wie Gesetzgeber und Gerichte in den USA sich schon lange die Zähne daran ausbeißen, welcher Ansatz bei der Regulierung der Big Tech Firmen der richtige und zielführende ist.
Diese Frage stellen sich die Politiker natürlich auch diesmal. Unser alter Bekannter Josh Hawley will den Deal am liebsten ganz verbieten lassen:


Ich bin immer wieder erstaunt, dass solche Anti-Big-Business Aussagen mittlerweile auch von den Republikanern kommen. Und gleichzeitig stelle ich mir die Frage: Kann man in diesem Kontext von Amazon wirklich von einem Monopol sprechen?
Amazon ist mit Abstand der größte Online Händler in den USA. Aber selbst bei einem Marktanteil von 40% ist der Monopolbegriff nach der klassischen Definition in weiter Ferne. Amazon’s Logistik Einheit und Lebensmittelgeschäfte und auch sind zwar groß und erfolgreich, aber in riesigen Märkten unterwegs, in denen es längst keinen klaren Marktführer gibt. Und wenn, heißt dieser nicht unbedingt Amazon1 2.
Und auch das Video Streaming und Entertainment Geschäft von Amazon wird mit dem Zukauf von MGM nicht einfach zum Marktführer, geschweige denn zum Monopolisten machen.
Was Amazon als Firma heute eigentlich ist, wird mit dem Zukauf aber mal wieder noch schwieriger zu beschreiben, als sowieso schon.
Es ist außerdem sehr interessant, zu hinterfragen, welche Strategie hinter dem Kauf steckt. Die Streaming Wars werden damit auf jeden Fall noch einmal spannender. Angeblich waren auch Apple und Comcast an MGM sehr interessiert.
In den Streaming Wars kämpfen vor allem Netflix, Amazon Prime, Disney, Apple und jetzt auch WarnerMedia/Discovery um die Vorherrschaft. Doch warum genau sollte einem der Kauf eines fast 100 Jahre alten Hollywood Studios hier einen Vorteil verschaffen?
The acquisition’s thesis here is really very simple […] MGM has a vast, deep catalog of much-beloved intellectual property, and with the talented people at MGM and the talented people at Amazon Studios, we can reimagine and develop that IP for the 21st century. - Jeff Bezos im Shareholder Call am 26.05.2021
Welche intellectual property gehört denn eigentlich zu MGM? Zu den bekanntesten und erfolgreichsten Filmen im Portfolio dürfte die James Bond Reihe gehören. Daneben gibt es aber noch sehr viele andere Filme und deren Rechte: u.a. The Hobbit, Rocky, Pink Panther. Dazu kommen einige erfolgreiche TV Serien, z.B. The Handmaid’s Tale und Vikings, und auch einige bekannte TV Produktionen - z.B. die US Ausgabe von The Voice.
Das mag jetzt zunächst nicht nach dem Katalog klingen, der unbedingt dazu führt, dass man bei den Hits von Disney, Apple und Netflix mithalten kann, aber ich glaube, das ist auch gar nicht das Ziel.
Ginge es in den Streaming Wars nur darum, seinen Konkurrenten Zuschauer und deren Zeit “wegzunehmen”, so wäre das ein ziemlich langweiliges Zero Sum Game, das wohl kaum die Geldsummen rechtfertigen würde, die hier ausgegeben würden.
Stattdessen ist das viel spannendere Spiel, all die möglichen Zuschauer als Kunden zu gewinnen, die ihre Zeit bisher noch immer mit linearem Fernsehen, statt mit Streaming verbringen. Das sind erstens noch sehr viele, und zweitens handelt es sich vor allem um eine ältere Zielgruppe.
Für diese Zielgruppe - Fernsehpublikum mittleren- bis höhreren Alters macht der Zukauf meiner Meinung nach erst so richtig Sinn. Amazon kann dieses Publikum einerseits mit dem Angebot der beliebten Klassiker für sich gewinnen, und dann mit neuen Stoffen auf Basis der bestehenden Rechte, langfristig an sich binden.
Jeff Bezos beweist mal wieder sein Geschick für Strategie. Dass er sich mit dem hohen Preis für MGM selbst gegen Apple durchsetzen konnte, die definitiv auch tiefe Taschen besitzen, könnte sich langfristig bezahlt machen. Durch das Bundling seiner Produkte gewinnt Amazon mit jedem Prime Video Abonnenten auch einen Prime Kunden für sein E-Commerce Geschäft. Und diese sind für die Firma ziemlich wertvoll: Im Schnitt lassen Prime Kunden nämlich jährlich mehr als doppelt so viel Geld bei Amazon wie nicht-Prime Kunden.
Ich bin schon sehr gespannt, welchen Content wir in den kommenden Jahren von Amazon zu sehen bekommen. Und bevor es an den MGM Stoff geht, soll ja noch dieses Jahr die neue Herr der Ringe Serie starten.
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Beste Grüße und bis nächste Woche!
Robbie
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Jeden Freitag schicke ich einen Kommentar zur US Tech Szene an über 200 Abonnenten. In den letzten Wochen habe ich u.a. über das Debakel um Robinhood & Gamestop, NFTs und SpaceX geschrieben.
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